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Tourismus-Marketing

Dahin geht die Reise

Rothenburg Tourismus © Rothenburg Tourismus Service/W. Pfitzinger

Aktuelle Tourismus-Trends: mehr Erlebnis, mehr Kontakte mit Menschen und exquisite Kochkunst.

Ihr 750-jähriges Jubiläum feiert heuer die einstige freie Reichstadt Rothenburg ob der Tauber. Dieses Ereignis wird viele Gäste aus dem In- und Ausland anziehen und ist deshalb einer der aktuellen Schwerpunkte im regionalen Touristik-Marketing. Auf dem Programmkalender stehen ein Bürgerfest, die Pfingstfestspiele "Der Meistertrunk", die Sonderausstellung "Die Waffen einer Reichsstadt" im "Rothenburg-Museum" sowie die Reichsstadt-Festtage. Für internationale Gäste dürfte zudem das "Käthe Wohlfahrt Weihnachtsdorf" ein zusätzlicher Magnet sein, das vor 60 Jahren in Rothenburg gegründet wurde. Weitere Ereignisse, die der Tourismusverband Franken heuer intensiv vermarktet, sind "70 Jahre Burgenstraße" sowie in Bamberg "1 000 Jahre Heinrich II".

Ereignisse wie das Rothenburger Stadtjubiläum und die gute Reisekonjunktur nach dem Ende der Corona-Pandemie lassen hoffen, dass die Besucherzahlen im fränkischen Tourismus wieder das gute Niveau von 2019 erreichen. Jörg Hentschel, Sprecher des Tourismusverbands Franken, zeigt sich jedenfalls zuversichtlich. Das gilt auch für die Gäste aus dem Ausland: Zwar kommen Touristen aus China, Japan, Südkorea und anderen
asiatischen Ländern noch nicht in dem Maße wie vor der Pandemie, dafür zieht es mehr Polen und Spanier nach Franken. Und auch die Deutschen schätzen den Urlaub in Nordbayern in noch stärkerem Maße als früher.

Kleinbetriebe stärker online

Die Digitalisierung der Tourismuswirtschaft eröffnet auch den gut 700 kleinen und kleinsten Übernachtungsbetrieben in ganz Franken neue Perspektiven, so Hentschel. Sie haben hier in den letzten Jahren deutlich aufgeholt, immerhin rund die Hälfte von ihnen zeige jetzt Flagge im Internet. Einen maßgeblichen Anteil habe dazu die Regensburger OBS OnlineBuchungService GmbH geleistet, die mit zahlreichen Tourismusverbänden und Gastgebern zusammenarbeitet. Einzelne Ferienwohnungen oder Pensionen können sich nun auch auf regionalen Tourismusseiten und den wichtigsten Online-Buchungsportalen weltweit präsentieren. Jeder Übernachtungsanbieter entscheidet dabei individuell, wo er im virtuellen Raum anbieten will. Ergänzend oder alternativ bietet OBS auch ein Buchungsmodul für die eigene Homepage.

Weil oft schon vor einer Reise Touren und Aktivitäten nicht nur online geplant, sondern auch gebucht werden, können Gastbetriebe und insbesondere Erlebnisanbieter beispielsweise ihre Kanu- oder Höhlentouren ebenfalls gleich im Internet vermarkten. Mittlerweile wird jeder zweite Urlaub online gebucht, schätzt Hentschel. Der Tourismusverband Franken selbst macht mit digitalen Entdeckungstouren im Internet Lust auf einen Aufenthalt in Franken und unterstützt mit solchen Marketing-Aktionen die Gastgeber und Veranstalter der Region. Ein Beispiel ist eine beeindruckende Video-Höhlentour in der Bismarckgrotte nahe Velden.

Ein immer wichtigeres Argument im Tourismus-Marketing ist die Nachhaltigkeit, auf die viele Gäste besonders Wert legen. Ein facettenreiches Thema: Einige Gastgeber werben mit E-Ladesäulen, andere stellen die Aktivitäten bei Energieeffizienz und Ressourcenschonung in den Fokus oder Betriebe im ländlichen Raum bieten Transfers vom Bahnhof zur Unterkunft. Der Tourismusverband unterstützt diese Bemühungen der Übernachtungsbetriebe mit Vorschlägen, wie sie schon durch kleine Maßnahmen ihre Energieeffizienz verbessern können. Hentschel stellt aber auch klar: "Der Komfort steht für die Gäste nach wie vor an erster Stelle."

Komfort und Erlebnis könnten aber aus einem ganz anderen Gründen leiden: "Der Personalmangel ist das größte Problem", stellt Hentschel fest. "Das ist noch gravierender als die Rückkehr zur normalen Mehrwertsteuer zum Jahresbeginn, was weniger in den Städten als eher im ländlichen Raum ein Thema ist." Insbesondere in Corona-Zeiten sind viele Mitarbeiter aus dem Hotel- und Gastgewerbe abgewandert und fehlen jetzt. Einen Hoffnungsschimmer gibt es jedoch, denn der Bayerische Hotel- und Gaststättenverband (Dehoga) sieht bei den Ausbildungszahlen wieder das Vor-Corona-Niveau erreicht. Doch inländische Azubis zu gewinnen und Auszubildende aus dem Ausland zu integrieren, bleibe eine Daueraufgabe.

Im Urlaub Menschen begegnen

Die Bayern Tourismus Marketing GmbH mit Sitz in München, die offizielle Dachorganisation der bayerischen Freizeit- und Tourismuswirtschaft, sieht einen weiteren neuen Trend, den sogenannten Resonanz-Tourismus: Dieser zielt auf Touristen, denen es nicht nur um das "Abarbeiten" von Sehenswürdigkeiten geht, sondern um echte Begegnungen und den Austausch mit Menschen sowie um authentische Erlebnisse.

Vor diesem Hintergrund hat Yvonne Coulin, Geschäftsführerin der Nürnberger Congress- und Tourismus-Zentrale (CTZ), ein weiteres Trendthema ausgemacht: "Nürnberg hat sich zu einem Zentrum für Fine Dining entwickelt", sagt sie mit Blick auf aktuell neun Michelin-Restaurants und 15 von Gault & Millau ausgezeichnete Lokale in der Noris. Die individuellen Konzepte der Küchen stünden für Genussvielfalt. Dies lasse sich wiederum gut mit Erlebnissen und Informationen rund um das 15. Jahrhundert verbinden, als Nürnberg bedeutend im Handel mit exotischen Gewürzen war. So steht beispielsweise der Spitzenkoch Alexander Herrmann mit seinem Nürnberger Restaurant Imperial für eine Verbindung von traditioneller und innovativer fränkischer Küche. Er selbst nennt es "minimalistische Opulenz". Sternekoch Felix Schneider vom Restaurant etz unterteilt seine Küche in sieben Jahreszeiten und kreiert "essbare Landschaften" aus der Region. Dafür fehlen dann für den vertrauten Genuss Zimt oder Zitronenschale. In seiner etz-Versuchsküche experimentiert er mit dem Vorhandenen aus der Region. Sein kulinarisches Ziel: "Kein Ersatz, sondern Neufindung von Aromen." Unter dieser Prämisse ersetzt er beispielsweise Oliven durch eingelegte unreife Pflaumen. Die Fine-Dining-Idee passt für Coulin gut zum Resonanz-Tourismus, den sie allerdings eher als "Städtetourismus im Trend" beschreibt. Gerade Paare und gemeinsam reisende Freundesgruppen wollten den Lebensraum Stadt in seiner großen Vielfalt erleben: "Die Stadt bleibt der Reiseanlass." Wegen knapper Kassen der Verbraucher macht sich die Tourismusmanagerin keine Sorgen, denn trotz Wirtschaftsflaute werde nicht am Urlaub gespart. Zudem gelte die Zielgruppe, die sich für Kultur und Kulinarik interessiert, als krisenresistent.

Das Reiseziel Nürnberg profitiert auch von dem digitalen Angebot "Nürnberger Quartiere" (https://quartiere-nuernberg.de) – eine App, mit der die Besucher weniger bekannte Orte in den Stadtquartieren erkunden können. So lassen sich mit dem Smartphone in der Hand auf eigene Faust und im eigenen Rhythmus Kultur, Einzelhandel, Hotellerie und Gastronomie mit kuriosen Geschichten, Videos und Audios entdecken. Dieser 2021 gestartete digitale Guide ist vor Kurzem mit dem 1. Platz beim "ADAC Tourismuspreis Bayern 2024" ausgezeichnet worden.

Autor/in: 

(tt.)

 

WiM – Wirtschaft in Mittelfranken, Ausgabe 06|2024, Seite 62

 
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