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Geschichte

Künstliche Kälte

 

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Oliver Dürrbeck

Oliver Dürrbeck

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Endlich Sommer: Für viele macht ein frisches Bier unter schattigen Kastanien den Durst erst richtig schön. Dabei war bei den Brauereien die wirksame Kühlung über lange Zeit hinweg ein großes Problem.

Eisenbahn-Kühlwaggon der Löwenbrauerei mit Bierlieferung für das Passagierschiff „Albert Ballin“ der Hamburg-Amerika-Linie, um 1925 (Foto: BWA)

Eisenbahn-Kühlwaggon der Löwenbrauerei mit Bierlieferung für das Passagierschiff „Albert Ballin“ der Hamburg-Amerika-Linie, um 1925.

Der Brauvorgang verlangte ein schnelles Abkühlen der heißen Würze, außerdem benötigten die Bierfässer im Lagerkeller gerade in der wärmeren Jahreszeit gleichbleibend niedrige Temperaturen. In München entstanden daher in den Erhöhungen rund um die damalige Stadt eigene Kelleranlagen, vor allem am östlichen Hochufer der Isar. Dort lagerten die Brauer große Eisblöcke ein. Die „Eis-Ernte“ auf den Seen und Weihern im Winter war Knochenarbeit.

Stangeneis-Produktion bei Löwenbräu, 1931(Foto: BWA)

Stangeneis-Produktion bei Löwenbräu, 1931.

Der junge Münchner Professor Carl von Linde (1842-1934) verlegte sich auf die Entwicklung der Kältetechnik – ein reichhaltiges Betätigungsfeld, denn alle bisherigen Verfahren waren noch sehr störanfällig. In Zusammenarbeit mit dem „Spatenbräu“ Gabriel Sedlmayr experimentierte Linde mit seinen Studenten auf dem Brauereigelände. 1873 lieferte dort die Maschinenfabrik Augsburg nach Lindes Vorgaben eine erste Kältemaschine, die Methyläther als Kühlmittel einsetzte. Als eines Nachts die Pumpe explodierte, tauschte Linde den explosiven Stoff gegen Ammoniak aus. Ab den 1880er Jahren setzten die Brauereien mehr und mehr auf diese Maschinen, die Kälte jederzeit und zuverlässig lieferten. Das zusätzlich erzeugte Stangeneis kam bei der Kühlung von Eisenbahnwaggons und speziellen Lastwagen zum Einsatz.

Eiszieher bei der Verladung von Stangeneis, 1931(Foto: BWA)

 

Verladen von Stangeneis auf Lastkraftwagen, 1931(Foto: BWA)

 

Durch die neue Kältetechnik konnten die Brauereien zu jeder Jahreszeit produzieren. Außerdem ermöglichte sie einen Biertransport über weite Entfernungen hinweg ohne Qualitätseinbußen. In seinen umfangreichen Brauereibeständen dokumentiert das Bayerische Wirtschaftsarchiv den Wandel vom Bierhandwerk zur industriellen Fertigung.

Harald Müller M.A., wiss. Mitarbeiter des Bayerischen Wirtschaftsarchivs

Fotos: Bayerisches Wirtschaftsarchiv BWA

 
 
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