Scheinselbstständigkeit
Scheinselbstständigkeit
Die Frage, ob das abgeschlossene Tätigkeitsverhältnis ein Arbeitsverhältnis darstellt, das den Vertragspartner zum Arbeitnehmer macht, oder ob der Vertragspartner als Selbständiger tätig wird, ist nicht immer einfach zu klären.
Die Auswirkungen, die eine falsche Beurteilung mit sich bringen kann, können jedoch schwerwiegend sein. So hat der Status des Tätigen vor allem Einfluss auf sozialversicherungsrechtliche Regelungen. Aber auch das Arbeitsrecht, das Steuerrecht und sogar das Strafrecht können hiervon betroffen sein, wenn ein Scheinselbständiger beschäftigt wird.
Neben der Unterscheidung zwischen Arbeitnehmer und Selbständigen bzw. Scheinselbständigen, gilt es außerdem zwischen „Voll-Scheinselbständigen“, die allen Zweigen der Sozialversicherung unterliegen (Kranken-, Pflege- und Rentenversicherung) und sog. „arbeitnehmerähnlichen Selbständigen“ die lediglich rentenversicherungspflichtig sind, zu differenzieren.
Die Prüfung, ob eine als „selbständig“ bezeichnete Tätigkeit ein sozialversicherungspflichtiges Beschäftigungsverhältnis darstellt, erfolgt im Rahmen einer Gesamtwürdigung aller Umstände des Einzelfalls.
Erkennbares unternehmerisches Handeln und die freie Entscheidung des Unternehmers stehen stets vor der Vermutung, scheinselbständig zu sein. Bei der Aufklärung des Sachverhalts hat der Unternehmer allerdings Mitwirkungspflichten.
In den gemeinsamen Rundschreiben der Sozialversicherungsträger sind weitergehende Informationen zum Themenbereich Scheinselbständigkeit zusammengefasst. Das Rundschreiben vom 21. März 2019 enthält beispielsweise Informationen zum Statusfeststellungsverfahren sowie zur versicherungsrechtlichen Beurteilung von Handelsvertretern, Gesellschafter-Geschäftsführern, Fremdgeschäftsführern und mitarbeitenden Gesellschaftern einer GmbH sowie Geschäftsführern einer Familien-GmbH. Diesem Rundschreiben sind als Anlage außerdem Abgrenzungskataloge für verschiedene Berufsgruppen beigefügt.
Merkblatt Scheinselbständiger oder rentenversicherungspflichtiger Selbständiger
Das nachfolgende Merkblatt bietet einen Überblick über die Abgrenzungskriterien, das Statusfeststellungverfahren der Deutschen Rentenversicherung Bund sowie über die Folgen der Feststellung der Scheinselbständigkeit oder "arbeitnehmerähnlichen" Selbständigkeit.
Scheinselbständiger oder rentenversicherungspflichtiger Selbständiger (PDF, nicht barrierefrei, 288 KB)(Stand: 2024)
Inhalt des Merkblatts:
- Erfassung Scheinselbständiger
- Anfrageverfahren zur Statusklärung
- Merkmale der Selbständigkeit
- Scheinselbständige
- Sonderregelungen für Handelsvertreter
- Arbeitnehmerähnliche Selbstständige
- Statusfeststellung und die Folgen
- Verfahren zur Statusfeststellung
Neuerungen zum 01.04.2022
Zum 1. April 2022 hat der Gesetzgeber das Anfrageverfahren bei der Deutschen Rentenversicherung Bund modernisiert. Ziel der Änderungen sind eine frühere, einfachere und schnellere Statusbeurteilung. Betroffen sind vor allem:
- die Beschränkung der Statusbeurteilung auf die Feststellung einer abhängigen Beschäftigung oder selbständigen Tätigkeit (Elementenfeststellung),
- die Statusentscheidung gegenüber Dritten,
- die Statusbeurteilung vor Aufnahme der Erwerbstätigkeit (Prognoseentscheidung),
- die Statusbeurteilung für gleiche Auftragsverhältnisse (Gruppenfeststellung),
- die Möglichkeit einer mündlichen Anhörung im Widerspruchsverfahren.
Seit dem 1. April 2022 entscheidet die Clearingstelle im Rahmen des optionalen Statusfeststellungsverfahrens nach § 7a Abs. 1 Satz 1 SGB IV nur noch über den Erwerbsstatus (Beschäftigung oder selbständige Tätigkeit) und nicht mehr, ob in den verschiedenen Zweigen der Sozialversicherung Versicherungspflicht besteht (Elementenfeststellung). Möglich ist zudem der Antrag einer Prognoseentscheidung oder eine gutachterliche Gruppenfeststellung . Sind an einem Vertragsverhältnis drei Parteien beteiligt, hat auch die dritte Partei ein eigenes Antragsrecht. Im Widerspruchsverfahren können die Beteiligten nach Begründung des Widerspruchs eine mündliche Anhörung beantragen. Die vier neuen Instrumente – Prognoseentscheidung, Gruppenfestststellung, Antragsrecht Dritter und mündliche Anhörung – sind bis zum 30. Juni 2027 befristet.
Weitere Informationen und eine Beschreibung der einzelnen Neuerungen können Sie auf den Seiten der Deutschen Rentenversicherung nachlesen.
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Ass. jur. Astrid Schäfer
Internetrecht, E-Commerce, Scheinselbstständigkeit, Sachverständigenwesen
Webcode: P1260