Wie bleiben die Innenstädte attraktiv für Wohnen, Arbeiten, Einkaufen, Kultur und Freizeit? Eine schwierige Frage angesichts gegensätzlicher Interessen: Einerseits soll die City für Bewohner, Kunden, Lieferanten und Pendler gut erreichbar sein. Andererseits bringt der Verkehr die Städte oft an Belastungsgrenzen. Zudem müssen die Emissionen im Verkehrssektor reduziert werden, um die Klimaziele zu erreichen.
Wie lassen sich die unterschiedlichen Ansprüche erfüllen? Vorschläge macht das Impulspapier „Innenstadt-Mobilität“, das der IHK-Ausschuss Verkehr, Logistik und Mobilität erarbeitet hat und das nun von der Vollversammlung verabschiedet wurde.
Die Innenstädte müssen mit allen Verkehrsmitteln erreichbar sein. Ein wichtiger Hebel dafür ist der Ausbau des Öffentlichen Personennahverkehrs (ÖPNV) und eine gut ausgebaute Radinfrastruktur (Radwege, Fahrrad-Parkhäuser, Radverleihsysteme usw.). Auf der Prioritätenliste beim ÖPNV stehen u. a. der weitere S-Bahn-Ausbau in der Region, die zügige Realisierung der Stadt-Umland-Bahn (StUB), die Einrichtung von Schnellbus-Linien und möglichst umsteigefreie Verbindungen zu zentralen Einrichtungen der Innenstadt. Eine wichtige Ergänzung wären „On-demand-Angebote“ mit kleineren Fahrzeugen, die in Gegenden und Zeiten mit geringer Nachfrage individuell buchbar und beispielsweise für Menschen wichtig sind, deren Mobilität eingeschränkt ist.
Die Vorzüge und die Verfügbarkeit alternativer Mobilitätsformen (z. B. Car-Sharing, Leihsysteme für Fahrräder und Elektroroller, Abstellmöglichkeiten für eigene Fahrräder) sind häufig zu wenig bekannt, deren Nutzung ist teilweise mit Vorurteilen behaftet. Diese Hemmnisse sollten durch zielgruppengerechtes Marketing und einfache Nutzung (z. B. einfache Bezahlmöglichkeiten und Tarifsysteme; Mobilitätsapps, die alle Mobilitätsangebote bündeln) verringert werden. Im Impulspapier werden auch folgende Vorschläge gemacht: Marketing-Aktionen und Mobilitätsangebote von Handel und Tourismusbranche, vergünstigte Tickets (z. B. „Innenstadt-Erlebnis-Tickets“), Aktions- und Kennenlern-Angebote für den ÖPNV, Leihsysteme oder Carsharing sowie kostenlose Abstellmöglichkeiten für Fahrräder und Roller, die auch in Mobilitätsapps abrufbar sind.
Unterschiedliche Mobilitätsformen und Ansprüche konkurrieren in den Innenstädten um den knappen Raum. Die gewünschte Verlagerung von parkenden Fahrzeugen kann über ein kluges Parkraum-Management und auch finanzielle Anreize gesteuert werden. Wenn solche Maßnahmen geplant werden, müssen stets die betroffenen Unternehmen einbezogen und die lokalen Gegebenheiten berücksichtigt werden. Außerdem müssen bei Neugestaltungen von Quartieren künftige Anforderungen berücksichtigt werden (z. B. Ladesäulen für E-Fahrzeuge). Einschränkungen des Pkw-Verkehrs dürfen nur mit dem Ausbau alternativer, attraktiver Mobilitätsformen einhergehen, die von den Innenstadtbesuchern angenommen werden und die die Erreichbarkeit für Kunden und Lieferanten sicherstellen. Der motorisierte Verkehr sollte mithilfe eines Parkleitsystems effizient gesteuert werden – auch, indem die aktuellen Parkdaten mit Navigationssystemen oder Karten-Apps verknüpft werden. So sind die Innenstadtbesucher bereits vor der Fahrt in die Stadt über freie Parkplätze in Parkhäusern und über alternative Mobilitätslösungen informiert.
Wenn es Möglichkeiten gäbe, Einkäufe in der City zwischenzulagern und nach Hause transportieren zu lassen, würden zahlreiche Besucher nicht mit dem Auto in die Innenstadt fahren. Deshalb sollten dafür lokale Liefersysteme und Micro-Depots aufgebaut werden. Ein Verleih von E-Lastenfahrrädern, der in bestehende Radverleih-Systeme eingebunden ist, würde das Angebot ergänzen. Aber nicht nur für die Kunden, sondern auch für Handel, Gastronomie und Innenstadtbewohner wäre eine Quartierslogistik von Vorteil (z. B. mit Lastenrädern, Verteilerhubs, optimierter Routenplanung, Ausweisung von expliziten Lieferzonen).
Das Thema Mobilität kann nicht isoliert betrachtet werden und erfordert die Einbindung und Koordination zahlreicher Akteure sowie einen Blick über die kommunalen Grenzen hinaus. Deshalb fordert der IHK-Verkehrsausschuss, dass folgende Grundsätze eingehalten werden: stetiger Austausch zwischen den verschiedenen Mobilitätsanbietern und den Kommunen, zentrale Koordination, regelmäßiges Monitoring der Mobilitätsstrategie sowie einheitliche Kommunikationsstrategie. Unabdingbar sei, dass die Anliegen aller Akteure in der Innenstadt (Anwohner, Gewerbetreibende usw.) ernsthaft berücksichtigt werden.