Grundlage der Smart Factory ist die intelligente Vernetzung cyber-physischer Systeme, die selbstständige miteinander kommunizierten und Vorgänge im Rahmen der Produktion auslösen.
Vertragsschluss
Die Entwicklung der vernetzten Produktion geht entlang verschiedener Stufen. Für die Frage nach der Abgabe bzw. Annahme von Willenserklärungen ist dies nicht unbedeutend.
Automatisierte Systeme
→ Hier werden lediglich zu einem früheren Zeitpunkt festgelegten Anweisungen des Menschen übermittelt.
Beim Einsatz dieser Systeme erfolgt die Abgabe und Zurechnung der Willenserklärung an den dahinter stehenden Nutzer. Der Einsatz der automatisierten Systeme bedeutet nur einen gestreckten Erklärungsprozess in Bezug auf die Willenserklärung. Ein Vertragsschluss ist hier unproblematisch.
Autonome Systeme / Cyberphysische Systeme
Der Einsatz solcher Systeme macht die rechtliche Einordnung und die Frage des Vertragsschlusses schon komplexer. Solche Systeme handeln selbstständig aufgrund von Algorithmen, die aufgrund von Erfahrungen und verfügbarem Datenmaterial getroffen bzw. erlernt werden. Die Algorithmen sind meist nicht bekannt und auch nicht nachvollziehbar. Die Frage, wem die Entscheidungen der autonomen Systeme (sog. Machine-to-Machine-Erklärungen, M2M-Kommunikation) zuzurechnen sind, wird intensiv diskutiert.
Folgende Lösungsansätze aus dem Bürgerlichen Gesetzbuch (BGB) stehen im Raum:
Von einem Boten spricht man, wenn eine fremde Willenserklärung lediglich übermittelt wird und kein eigener Entscheidungsspielraum des Boten besteht. Der Bote ist somit nur das Transportmittel.
Diese Regelungen sind nicht geeignet, da autonomen Systemen gerade immanent ist, dass sie eigene Entscheidungen treffen und nicht nur fremde Erklärungen weitergeben.
- Stellvertreterregelungen (§§ 164 ff. BGB)
Auch für die Abgabe von Willenserklärungen, die in einem eigenen Entscheidungsspielraum getroffen werden können und für und gegen den Vertretenen wirken, sind im bürgerlichen Gesetzbuch gesetzliche Regelungen vorgesehen. Die Normen zur Stellvertretung scheinen hier auf den ersten Blick zwar geeignet die Erklärungen der autonomen Systeme jemanden zuzurechnen, aber beim genaueren hinsehen sind die Normen in ihrer aktuellen Ausprägung doch nicht passend. Die Vertretung setzt voraus, dass der Vertreter rechtsfähig ist. Cyber-physische Systeme besitzen nach aktuellem Stand keine Rechtsfähigkeit. Auch bei der Frage der Überschreitung der eingeräumten Vertretungsmacht durch die Maschine ist die Frage der Haftung relevant. Die im BGB bestehende Regelung zum sog. falsus procurator sehen die Möglichkeit vor, dass der Vertreter für die Überschreitung seiner Vertretungsmacht, schadensersatzpflichtig ist. Problematisch ist hier, dass die autonomen Systeme über keinerlei Haftungsmasse verfügen, der Anspruch von vornherein ins Leere läuft.
Diskutierte Lösungsansätze
- Einführung einer sog. E-Person: Diskutiert wird ein neues Rechtssubjekt in Form der sog. E-Person einzuführen. Allerdings schließen sich hieran weitergehenden Fragen an, die zu klären und aufzugreifen sind. Beispielhaft sei aufgeführt: (Teil-)Rechtsfähigkeit, Haftungsmasse, Identifizierungsmöglichkeit, Vertretungsberechtigung etc.
- Anwendung der Regelungen des BGB: Die o.g. Regelungen des BGB solle auch für M2M-Erklärungen Anwendung finden. Hierzu wäre ein Klarstellung durch den Gesetzgeber notwendig.
- Anwendung allgemeiner Zurechnungsprinzipien: Ein pragmatischer lösungsorientierter Ansatz löst diese Fragen nach allgemeinen Zurechnungskriterien wie Risikoverteilung, Vertrauensschaffung und Rechtschein. M2M-Erklärungen sind dem Betreiber solcher Systeme zuzurechnen, da dieser dadurch menschliche Kommunikation ersetzt.
Haftung für autonome Systeme
Bei auftretenden Fehlern und Schäden z.B. Hardwaremängel, Programmierfehler, Bedienungsfehler stellt sich stets die Frage der Verantwortungszurechnung und Verantwortungsteilung. Solange die fehler- bzw. schadensauslösende Aktion auf eine natürliche Person bzw. auf ein bestimmtes menschliches Verhalten zurückzuführen ist, bietet das derzeitige Haftungsrecht eine ausreichende Grundlage.
In der Smart Factory sind Situationen vorstellbar, bei denen nicht mehr feststellbar ist, ob der Fehler auf den Nutzer / Hersteller des Systems zurückgeht oder vom System selbst erzeugt wurde.
Diskutierte Lösungsansätze
- Gefährdungshaftung: Bei der Gefährdungshaftung ist Anknüpfungspunkt für die Haftung, die Inbetriebnahme einer Gefahrenquelle zum eigenen Nutzen, die bei Dritten zu empfindlichen Schäden führen kann, da sie nicht vollkommen beherrschbar ist. Auf ein Verschulden kommt es nicht an. In diesem Zusammenhang wird dann auch gefordert ein Pflichtversicherungssystem für autonome Systeme einzuführen.
- Einführung eine E-Person: Auch für die Haftungsfälle wird diskutiert, das autonome System als ein neues Rechtssubjekt einzuführen, welches dann als Haftungssubjekt zur Verfügung steht. Wie bereits oben erwähnt, gehen damit weitere Fragestellungen einher.
- Vertragsgestaltung: Über vertragliche Regelungen und Gestaltungen ist es möglich, Verursachungs- und Verantwortungsbeiträge zu definieren und so die Haftungsrisiken zu verteilen. Um hier aber entsprechend agieren zu können, ist das AGB-Recht zu reformieren. Die momentanen Regelungen lassen hier wenig Spielraum zu.