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Erste Erfolge beim Bürokratieabbau

Erschienen am 13.08.2024
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Die Bürokratielast für die Wirtschaft ist hoch und ein Handeln dringend erforderlich. Die IHK Nürnberg für Mittelfranken setzt sich seit Jahren intensiv für den Bürokratieabbau ein. Dazu hat sie eigens ihre Mitgliedsunternehmen aufgefordert, Beispiele wirtschaftlicher Hemmnisse zu melden. Weiterhin lud die IHK im vergangenen Juni Walter Nussel, den Bürokratieabbaubeauftragten der Staatskanzlei, zu einem „Praktikerrat“ mit Vertretern aus der Wirtschaft ein. Im Vordergrund stand, das beiderseitige Verständnis zu fördern und Lösungsmöglichkeiten aufzuzeigen. Dank der eingegangenen Beispiele konnten zahlreiche Anliegen bei den entsprechenden Stellen platziert werden. Allerdings kann nicht alles auf bayerischer Ebene gelöst werden, sondern muss an Bund und EU adressiert werden. Die Themen werden sicher auf längere Sicht nicht ausgehen, daher soll das Austauschformat „Praktikerrat“ bei der IHK auch verstetigt werden.

Einwände zu Statistikpflichten

Neben den dominanten EU-Themen – beispielsweise Nachhaltigkeitsberichterstattung und Belastung durch das Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz – wurden die Statistikpflichten genannt. Die Unternehmen fragen sich zurecht: Braucht es diese Erfassung von Daten in dem Umfang und dieser Fülle? Auch wenn die größten Hürden auf der Ebene der EU und des Bundes zu beseitigen sind, kommt in Bayern nun Bewegung in Richtung Entlastung. So greift das gerade in der Verbändeanhörung befindliche Modernisierungsgesetz die Rückführung von Statistiklasten auf.

Sofern der Bayerische Landtag zustimmt, wird im Bayerischen Statistikgesetz für die Jahre 2025 und 2026 ein zweijähriges Statistikmoratorium eingeführt. Es soll für alle auf landesrechtlicher Grundlage durchgeführten Statistiken gelten. Demnach sollen Daten für solche Statistiken in diesen Jahren nicht erhoben werden. Das betrifft diverse durch Landesgesetz angeordnete Statistiken ebenso wie auf administrativem Weg (ohne gesetzliche Anordnung) im Laufe der Jahre geschaffene Statistiken auf Landesgrundlage. Mit dem Statistikmoratorium in Bayern soll zugleich auch bewertet werden, ob einzelne auf Landesrecht basierende Statistiken verzichtbar sind.

Neben Vereinfachungen auf Landesebene besteht großer Handlungsbedarf auf Bundes- und EU-Ebene. Hauptursächlich für die hohe Statistiklast sind drei Bundesgesetze, die wiederum Großteils auf EU-Recht beruhen: das Außenhandelsstatistikgesetz (AHStatG), das Gesetz über die Statistik im Produzierenden Gewerbe (ProdGewStatG) sowie das Handels- und Dienstleistungsstatistikgesetz (HdlDlStatG). Diese drei Gesetze zusammen verursachen etwa drei Viertel der Gesamtbelastung durch Statistiken für deutsche Unternehmen. Das zeigt auch der Projektbericht zur Datenaktualisierung, der im Belastungsbarometer des Statistischen Bundesamtes von Oktober 2022 aufgeführt ist.

Bayerische Initiative im Bundesrat

Bayern stellt sich dem nun mit einer konkreten Bundesratsinitiative entgegen. Entscheidend ist dabei vor allem, die Gesamtmenge an Statistikpflichten zu reduzieren, die von kleinen und mittleren Unternehmen (KMU) in der Praxis zu beachten und umzusetzen sind. So bezieht sich die Bundesratsinitiative Bayerns unter anderem darauf, Stichproben zu verkleinern, Erhebungsintervalle auszuweiten, kleinere Unternehmen von bestimmten Statistikpflichten auszuklammern, Schätzungsverfahren zu nutzen, Doppelerhebungen zu vermeiden bzw. bereits vorhandene Daten erneut zu nutzen und zusätzliche Entlastungsmöglichkeiten speziell für kleine Unternehmen einzuführen, etwa die Umstellung von Köpfen auf Vollzeitäquivalente.

Mit dem Entschließungsantrag soll ein ausgewogenes Verhältnis entstehen zwischen dringend erforderlicher Entlastung der Unternehmen und hinnehmbaren Qualitätseinbußen. So kann sichergestellt werden, dass weiterhin qualitativ hochwertige statistische Informationen vorliegen, ohne dass Unternehmen über Gebühr belastet werden. Die ergriffenen Maßnahmen sollen die Belastung durch statistische Erhebungen für alle in Bayern und Deutschland so weit reduzieren, dass der Zeit- und Geldaufwand spürbar verringert wird.

Vergaberecht vereinfachen

Weitere Entlastung und Beschleunigung könnte ein einfacheres Vergaberecht bringen: Dabei könnten die Schwellenwerte, ab der Vergabeverfahren verpflichtend werden, an die EU-Grenzen angeglichen werden. Bei öffentlichen Aufträgen bis zu 100.000 Euro ohne Umsatzsteuer könnten Direktaufträge für Liefer-, Dienst- und freiberufliche Leistungen vergeben werden. Hier sieht die IHK Potenzial für eine Beschleunigung bei Vergabeverfahren und die Entlastung insbesondere kleinerer und mittlerer Unternehmen, die sich um öffentliche Aufträge bewerben. Beim Vergaberecht hat Bayern bereits 2023 einen Entschließungsantrag eingebracht, der forderte, die Schwellenwerte für EU-weite Vergaben anzuheben. Dieser wurde vom Bundesrat beschlossen.

Ergänzend und als wesentlichen Teil der Deregulierungsoffensive der Staatsregierung soll auch das Vergaberecht unterhalb der EU-Schwellenwerte dauerhaft liberalisiert werden. Hierzu beabsichtigt Bayern nun, im Bereich der Unterschwellenvergabe die Wertgrenzen für Vergabeverfahren staatlicher und kommunaler Auftraggeber deutlich zu erhöhen. Aktuell bestehen wegen der Verwaltungsvorschrift zum öffentlichen Auftragswesen noch bis Ende 2024 Schwellenwerte, die aufgrund der Corona- und der Ukrainekrise erhöht sind. Ziel ist es, die sodann nochmals erhöhten Schwellenwerte spätestens ab Anfang 2025 in Kraft zu setzen – vorbehaltlich des Gesetzgebungsverfahrens. Auch in dieser Entwicklung sieht die IHK spürbare Erleichterungen und Vereinfachungen. Die IHK und die Handwerkskammer für Mittelfranken wollen die gemeinsame Zusammenarbeit beim Thema Bürokratieabbau fortsetzen und beim nächsten Treffen des „Praktikerrats“ weitere aktuelle Anliegen aus der Wirtschaft aufgreifen.

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