Wie geht es weiter in den Staaten?
IHK-Veranstaltung: So sehen USA-Experten auf die nächsten Jahre mit Präsident Donald Trump.
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Die Deutschen sollten auf jede Empörung über den zum zweiten Mal gewählten US-Präsidenten Donald Trump verzichten – auch wenn der „völlig impulsgetrieben“ sei. Das sagte der emeritierte Professor Dr. Andreas Falke, Direktor des Deutsch-Amerikanischen Instituts Nürnberg (DAI) zum Auftakt der IHK-Veranstaltung „USA nach der Wahl – Amerika Quo Vadis?“. Der Wahlsieg der „trumpistischen Republikaner“ werde politisch erst einmal für Chaos sorgen – schon wegen der Personalentscheidungen für die Regierung. Die Auswahl sei nach absoluter Loyalität erfolgt, Eignung habe kaum eine Rolle gespielt. „Es muss erst schlechter werden, bevor es besser wird“, so Falke. Er denkt dabei unter anderem an die im Wahlkampf versprochene, drastische Beschränkung der Einwanderung und die angekündigten Massendeportationen. Fehlende Helfer in Landwirtschaft und Gastronomie sowie Zölle auf importierte Waren dürften die Inflation anheizen. Die Quittung hierfür könnten die Republikaner bereits in zwei Jahren bei den Kongresswahlen bekommen.
Torsten Fuchs nahm die geschäftlichen Perspektiven für deutsche Unternehmen in den Fokus. Er ist Senior Manager USA bei Germany Trade & Invest (GTAI), der Außenwirtschaftsagentur des Bundes. Eine Folge von „Trump 2.0“ werde die Fortsetzung der Re-Industrialisierung in den USA sein. „Der Protektionismus – wie schon bei Vorgänger Joe Biden – setzt sich weiter fort.“ Deutsche Mittelständler fänden dort gute Standortbedingungen unter dem Dach des Schlagwortes „Make America Great Again“. Es stehe in den USA für günstige Energie, geringe Steuersätze, Deregulierung und durch Zölle abgeschottete Märkte. Außerdem laufe die US-Konjunktur weiter unter Dampf, für das laufende Jahr werde ein Wirtschaftswachstum von 2,5 Prozent prognostiziert. Perspektiven sieht Fuchs für Maschinenanlagen oder Spezialmaschinen aus Deutschland: „Die sind immer noch gefragt“. Auch Zölle für chinesische Maschinen könnten für deutsche Unternehmen zusätzliche Chancen bieten. Schwieriger werde es für Zulieferer, die sich in Mexiko niedergelassen haben und von angedrohten Zöllen betroffen sind. Fuchs rechnet auch damit, dass das Freihandelsabkommen „United States-Mexico-Canada Agreement“ (USMCA) vorzeitig bereits im nächsten Jahr von Trump neu verhandelt wird. Bedenklich findet der GTAI-Experte das ausufernde Staatsvolumen: Bereits im letzten Haushalt 2024 wurden 30 Prozent der Staatsausgaben durch Schulden finanziert.
Für den USA-Experten Dr. Josef Braml, European Director der Denkfabrik Trilaterale Kommission in Potsdam, war der Wahlsieg Trumps keine Überraschung. Wahlkampfthemen wie die Verschärfung der Abtreibung oder das Retten der Demokratie seien keine Zugthemen gewesen. Erneut sei die Wahl mit den Themen Wirtschaft und Inflation – gemäß dem alten US-Leitsatz „It‘s the economy, stupid“ – entschieden worden. Den Beginn des Populismus verortet er bereits in den Jahren der Weltfinanzmarktkrise 2007/08: Da habe auch „das Ende der alten Ordnung mit freiem Handel, freier Wirtschaft und der Vorherrschaft des westlichen Wertesystems“ begonnen. Trump biete den Wählern eine Revolution gegen das etablierte System. Man dürfe ihn nicht unterschätzen: „Heute ist er Arbeiterführer und gleichzeitig gut vernetzt mit den Milliardären.“ In der langfristigen Betrachtung sei Trump allerdings nur der Sargnagel der westlichen Ordnung. Braml sieht wieder ein Zeitalter der Geopolitik und Geoökonomie angebrochen, Demokratie und westliche Werte spielten keine Rolle mehr: „Es gibt keine ‚Rule of Law‘ mehr.“ Vielmehr gehe es den Amerikanern geostrategisch um die Kontrolle von Finanz-, Daten- und Warenströmen. Denn die USA wollten mit aller Macht verhindern, dass China die Nummer Eins in der Welt wird: „Da geht es ans Eingemachte.“
In diesem Kontext warnte er insbesondere die Mittelständler: „Es gilt das Recht des Stärkeren, darauf müssen Sie sich einstellen.“ Wer High-Tech- oder Dual-Use-Güter, die sich sowohl zivil als auch militärisch nutzen lassen, in der Volksrepublik China produziere oder dorthin exportiere, sollte sich davon verabschieden. Das gelte nicht nur dann, wenn man sowohl in den USA als auch in China unternehmerisch aktiv ist. Schon wenn in US-Dollar abgerechnet wird, seien die Amerikaner nach ihrem Recht auch juristisch mit im Boot.
Für die deutsche Wirtschaft sind die USA im Jahr 2024 zum wichtigsten Handelspartner aufgestiegen, Spitzenreiter China wurde abgelöst. Fast 700 mittelfränkische Unternehmen haben Geschäftsbeziehungen mit den USA. Knapp 200 von ihnen sind mit eigenen Niederlassungen oder Fertigungen dort präsent. Einer IHK-Blitzumfrage zufolge fürchten sich rund 70 Prozent der Betriebe vor Zöllen und Handelshemmnissen, berichtete IHK-Außenwirtschaftschef Armin Siegert. „Trump ist wieder da und scheut keine Tabus. Willkommen im Wilden Westen der Weltwirtschaft!“, fasste er die Stimmung zusammen.
Autor: Thomas Tjiang
Webcode: N1011