Woher kommt das Geld?
Investiert wird derzeit hauptsächlich in Energieeffizienz und Digitales. So steht es um die Finanzierung.


Die Finanzierungsseite ist nicht die Ursache dafür, dass derzeit in Deutschland kaum investiert wird. Davon ist Peter Pauli überzeugt, Geschäftsführer der Förderbank BayBG Bayerische Beteiligungsgesellschaft mbH, wenngleich die Kreditinstitute etwas vorsichtiger bei ihren Finanzierungszusagen seien. Die BayBG selbst ist kein Kreditfinanzierer, sondern ein Beteiligungskapitalgeber für mittelständische Unternehmen. Mit Minderheitsbeteiligungen oder Mezzaninekapital werden beispielsweise Innovations- und Wachstumsvorhaben unterstützt. Außerdem engagiert sie sich bei einer Unternehmensnachfolge oder einer optimierten Kapitalstruktur.
Ein weiterer wichtiger Kapitalgeber für den Mittelstand ist die LfA Förderbank Bayern, eine Beteiligung des Bayerischen Finanzministeriums. Sie fördert als Spezialinstitut Gründer, kleine und mittlere Unternehmen sowie Kommunen. In den ersten drei Quartalen 2024 versorgte die LfA über 300 Unternehmen in Mittelfranken mit langfristigen, teilweise zinsverbilligten Förderkrediten in einer Gesamthöhe von knapp 125 Mio. Euro. Das waren deutlich weniger als im Vergleichszeitraum 2023, als es noch 152 Mio. Euro waren. Die mittelfränkischen Unternehmen nutzten die Förderdarlehen vor allem für Wachstums- und Modernisierungsprojekte, an zweiter Stelle lagen mit deutlichem Aufwärtstrend Gründungen und Unternehmensnachfolgen. Ein weiterer Trend: Es wurden deutlich mehr LfA-Förderkredite für die Dienstleistungsbranche zugesagt. Attraktiv sind die LfA-Finanzierungen, die immer gemeinsam mit einer Hausbank ausgereicht werden, nicht zuletzt durch die Haftungsfreistellung, die bis zu 70 Prozent des Kredits ausmachen kann.
LfA Förderbank baut Angebot aus
Aktuell bereitet die LfA weitere Verbesserungen des Förderangebots vor: So sollen in diesem Jahr die Finanzierungsvolumina bei den zinsverbilligten Förderkrediten deutlich erhöht werden. Zusätzlich werden die Risikoentlastungen aufgestockt und der Kreis der Antragsteller um größere Unternehmen erweitert. Zudem werden auch die Eigenkapitalangebote der LfA und ihrer beiden Partner Bayern Kapital und BayBG ausgeweitet.
Lokales Flaggschiff bei der Unternehmensfinanzierung in Mittelfranken ist die Sparkasse Nürnberg mit gut 39 000 Firmen- und Gewerbekunden. Kerstin Meidenbauer, Leiterin Spezialfinanzierungen, berichtet für das gesamte Jahr 2024 von einer „gedämpften Kreditnachfrage“ – von der Immobilienfinanzierung einmal abgesehen. Aus ihrer Sicht finanzieren Firmen kleinere Ersatzinvestitionen aus der vorhandenen Liquidität. „Größere Investitionen verschieben sie aufgrund der schwachen Konjunktur und der aktuell schwierigen Rahmenbedingungen in die Zukunft.“ Die 2024 neu gegründete Abteilung Spezialfinanzierungen begleitet Finanzierungen von erneuerbaren Energien oder Infrastrukturmaßnahmen für kleine, mittlere und große Betriebe.
Grundsätzlich finanziert die Sparkasse Nürnberg praktisch alle betrieblichen Vorhaben über alle Branchen hinweg. Voraussetzung ist, dass die intern angewandten ESG-Kriterien zur Kreditvergabe eingehalten werden. Aufgrund der EU-Taxonomie, die die Kreditinstitute zum Nachhaltigkeits-Reporting verpflichtet, muss das Geldhaus auch auf die nachhaltige und ökologische Dimension ihres Kreditgeschäfts achten. Meidenbauer stellt aber klar: „Nur weil ein Unternehmen viel CO2 ausstößt, heißt das nicht, dass es bei der Sparkasse Nürnberg keinen Kredit bekommt.“ Falle allerdings ein Unternehmen im Branchenvergleich besonders negativ auf, könne es je nach Einzelfall Auswirkungen zum Beispiel auf Laufzeit, Sicherheiten und Konditionen haben. Analog zur Entwicklung in Deutschland verzeichnet auch die Sparkasse Nürnberg in der zweiten Jahreshälfte 2024 eine Zunahme von Insolvenzen bei gewerblichen Kunden. Betroffen sind eher kleinere und mittlere Unternehmen. Für das angelaufene Jahr wird ein ähnliches Niveau erwartet.
Die VR Bank Metropolregion Nürnberg eG kommt zu einer vergleichbaren Einschätzung, die Erwartungen für 2025 sind verhalten. Die Kreditausfälle hätten sich im letzten Jahr aber im Rahmen gehalten. Und in den letzten Monaten verzeichnete die Genossenschaftsbank mit ihren rund 2 400 mittelständischen Firmen- und Gewerbekunden sogar eine steigende Nachfrage nach Finanzierungen. Außer für das Immobiliensegment nutzten die Kunden die Kredite insbesondere für erneuerbare Energien und energetische Sanierungen. Zunehmend geht es bei Investitionen um die Themen Digitalisierung, Automatisierung und Innovation. Abseits vom Kreditgeschäft beobachtet die VR Bank Metropolregion Nürnberg, dass Unternehmensverlagerungen aufgrund von Standortnachteilen zwar ein Gesprächsthema sind, die Umsetzung könnten sich jedoch viele kleinere Betriebe nicht leisten. Bei einigen mittelfränkischen Unternehmen, die Tochterbetriebe im Ausland haben, registriert das Institut aber durchaus eine Produktionsverlagerung dorthin. In den nächsten Jahren erwartet die Bank einen großen Investitions- und Finanzierungsbedarf. Der werde allein durch Kreditfinanzierungen nicht zu decken sein. Daher seien weitere öffentliche Förderprogramme, staatliche Absicherungs- und Unterstützungsmöglichkeiten unabdingbar.
Die Commerzbank AG, die wie Deutsche Bank AG und UniCredit Bank GmbH ein wichtiger Firmenfinanzierer ist, hat im Jahr 2024 in Mittelfranken ein gleichbleibendes Kreditvolumen mit Unternehmerkunden bis 15 Mio. Euro Jahresumsatz verzeichnet. Deutschlandweit ist das Kreditvolumen im Firmenkundensegment sogar gestiegen. Die Finanzierung von Investitionen in Digitalisierung und Automatisierung spielt in praktisch allen Branchen eine weiterhin sehr große Rolle. Zudem registriert das Geldhaus eine steigende Nachfrage nach Finanzierungen für Unternehmensnachfolgen und -übernahmen. Eine Ausfallwelle bei Krediten sieht die Commerzbank weiterhin nicht, in den nächsten Monaten dürfte sich der Kreditmarkt leicht beleben.
Eine Form der Finanzierung außerhalb des Bankenbereichs bietet die Münchner Siemens Financial Services GmbH (SFS) als konzerneigener Finanzierungsarm der Siemens AG. Seit über 25 Jahren finanziert SFS sowohl Siemens-Kunden als auch Drittkunden in Siemens-nahen Industrien und Märkten. Das sind aktuell gut 285 000 Kunden aus ca. 60 Ländern. Angeboten werden z. B. Leasing- und Equipment-Finanzierung, Projekt- und strukturierte Finanzierungen, Eigenkapitalinvestitionen und Finanzberatung.
Diese Kapitalbeschaffung nutzt beispielsweise das mittelständische Formenbauunternehmen Zetterer Präzision GmbH aus Roth. Der Dienstleister deckt Konstruktion in 2D und 3D sowie den gesamten Fertigungsprozess von Spritzguss- und Druckgusswerkzeugen ab. Weil die additiven Fertigungsverfahren (z. B. mit 3D-Druckern) schnellen Innovationszyklen unterliegen, investiert Zetterer Präzision konstant in Maschinen und Anlagen. SFS finanziert hier die hohen Investitionssummen für die neuesten Fertigungsverfahren.
Gemischte Erfahrungen hat beispielsweise die Nürnberger Durner GmbH & Co. KG gemacht. Das Unternehmen vertreibt rund 10 000 Artikel rund um die Gebäudereinigung und zählt sich zu den führenden Dienstleistern in Bayern. 2022 trennte sich Durner von ihrer bisherigen Fachhandelsgruppe als Vertriebspartner, um ihr Geschäft in einer neu aufgestellten Gruppe überregional zu organisieren. Dafür mussten die Lager- und Logistikflächen erweitert und Personal eingestellt werden. „Diese Wachstumsinvestition von 2,5 Mio. Euro haben wir mit unseren beiden starken und treuen Hausbanken gestemmt“, sagt Geschäftsführer Marco Herberger im Rückblick. Das sei eine erfolgreiche Finanzierung gewesen, auch wenn er für die Kreditunterlagen einen spezialisierten Förderberater mit ins Boot holen musste. Zudem wurde der Fuhrpark auf 22 eigene Lkw mit 25 Fahrern erweitert. Außerdem kaufte Durner ein Jahr später noch einen Mitbewerber, um sein Portfolio auszubauen.
Ende 2024 benötigte Herberger eine „zusätzliche, kurzfristige Unterstützung zur Überbrückung“. Denn traditionell müsse zum Jahresende ein höherer Lagerbestand vorfinanziert werden. Angesichts schwächerer Nachfrage sei es deutlich schwieriger gewesen, an Geld zu kommen. „Wenn es uns gut geht, brauchen wir keine Bank“, bringt er den typischen Konflikt zwischen Unternehmen und Kreditwirtschaft auf den Punkt. Zudem greift aus seiner Sicht das Banken-Rating zu kurz: „Die nackten Zahlen geben unseren typischen Geschäftsverlauf nicht wieder.“ Die internen Regularien der Banken seien eine gute Lösung für die Breite, das Wissen eines persönlichen Bankbetreuers könnten sie aber nicht abbilden. Nur mit viel Überzeugungsarbeit und mehreren Verhandlungsrunden ist Herberger letztlich doch zu seinem Geld gekommen.
Stefan Eckart, einer der Gründer der 2017 aus der Taufe gehobenen Smart City System Parking Solutions GmbH aus Fürth, ist mit seinen drei Kollegen einen untypischen Weg für ein Start-up gegangen. Das Jungunternehmen startete zunächst mit Bodensensoren, um beispielsweise auf den Parkplätzen von Supermärkten die Belegungsdauer zu erfassen. „Wir sind schnell ohne Fremdkapital auf rund 30 Mitarbeiter gewachsen.“ Auf diese Weise wollte sich das Start-up die Freiheit für eigene Entscheidungen erhalten. „Investoren wollen immer mitreden“, sagt der heutige Prokurist und Chef-Entwickler. Um finanziell unabhängig zu sein, tütete Smart City System ein kreatives Zuliefergeschäft ein, das Eckart auch anderen Gründern nur empfehlen kann: Die Bodensensoren hat man von einem Spritzguss-Partner herstellen lassen. Statt die Werkzeuge dafür vorzufinanzieren, schlägt der Hersteller den Preis auf die Produkte um.
Allerdings brach das Geschäft in der Corona-Pandemie ein. Smart City System schwenkte kurzfristig um und lieferte Lösungen, um Kfz-Kennzeichen per Kamera für Parkleitsysteme, E-Ladesäulen oder Behindertenparkplätze zu erfassen. Für die notwendigen Neuentwicklungen musste dann doch ein externer Partner an Bord geholt werden – die Wahl fiel auf ein Family Office als Kapitalgeber. Mittlerweile floriere das Geschäft mit der Kennzeichenerfassung und trage 70 bis 80 Prozent zum Umsatz bei. Die Lösungen aus Fürth funktionieren ohne Manpower rund um die Uhr. So überwachen sie auch in Österreich, der Schweiz und Italien die Höchstparkdauer vor Supermärkten. Oder sie erfassen auch ohne Schranke die Kennzeichen und die gebührenpflichtige Parkdauer. Über das Family Office hinaus ist absehbar kein weiterer Kapitalgeber geplant, der Cashflow ist wieder positiv.
Für Jungunternehmen, die ihre Ideen abseits von Banken über Risikokapitalgeber finanzieren wollen, hat sich das Umfeld nach dem Einbruch der Venture-Capital-Investitionen (VC) vor zwei Jahren wieder verbessert. „Für 2025 ist der VC-Markt vorsichtig optimistisch“, sagt Nicolas Sievers, Senior Investment Manager beim Nürnberger Gründer-Hub Zollhof Betreiber GmbH. Zuletzt sind die Anforderungen für Gründer deutlich gewachsen, um Geld einsammeln zu können. Kapitalgeber schauen genauer auf Geschäftsmodelle und bestehende Umsätze. Teams benötigten im aktuellen Marktumfeld oft mehrere Anläufe, um eine Runde erfolgreich abschließen zu können. Einige Sparten liegen aber in der Gunst weit oben: Profitiert hätten beispielsweise die Bereiche Künstliche Intelligenz, Wehrtechnik und Infrastruktur-Geschäftsmodelle. In diesem Jahr will der Zollhof mit dem sogenannten „ZoHo.VC“ einen eigenen VC-Fonds für Finanzierungen in der betrieblichen Frühphase auflegen. Der Fonds hat eine Zielgröße von zehn bis 20 Mio. Euro, das Geld stammt aus dem Investorennetzwerk des Zollhofs. Bewerben können sich Teams aus dem Gründer-Hub.
Autor: Thomas Tjiang
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