Entspannte Geschäfte
E-T-A GmbH: Der Hersteller von Geräteschutzschaltern und Sicherungsautomaten blickt angesichts seiner Marktposition gelassen auf die aktuelle Weltwirtschaft.


Die erratische Zollpolitik der neuen US-Regierung verfolgt man auch im mittelfränkischen Altdorf mit Aufmerksamkeit: Immerhin hat die E-T-A Elektrotechnische Apparate GmbH als Hersteller von Überstromschutzprodukten und -systemen einen Exportanteil von rund zwei Dritteln. Der Export in die USA macht gut ein Viertel des Geschäfts aus. Ralf Dietrich, der zusammen mit Christian Kube und Dr. Jennifer Sell seit 2022 die Geschäfte des Familienunternehmens führt, zeigt sich aber gelassen: „Wir exportieren in die USA auch Produkte, die so kein Wettbewerber hat.“ Bereits bei Trumps erster Regierung habe man deshalb die Zölle auf das Produkt aufschlagen und die höheren Preise durchsetzen können.
Das Selbstbewusstsein kommt nicht von ungefähr: Technische Innovationen rund um Geräteschutzschalter und Sicherungsautomaten gehören zum Erfolgsrezept. Allein in der Abteilung „Forschung & Entwicklung“ tüfteln kontinuierlich 90 Mitarbeiter. Sechs bis acht Prozent vom Umsatz fließen in die Produkte von übermorgen. Dafür arbeitet E-T-A seit 30 Jahren in mehreren Projekten unter anderem mit der Technischen Universität Braunschweig zusammen, um Grundlagenforschung zu neuartigen Schaltkonzepten zu betreiben. Die Forschungsprojekte führen pro Jahr zu bis zu 20 Patenten. Dabei handele es sich um echte Patente und keine strategischen, die eine Innovation abschirmen sollen. Der Schutz des eigenen Know-hows sei wichtig, findet Dietrich. Er ist sich auch sicher, dass man die Technik aus Altdorf nicht einfach nachbauen kann. „Aber wenn die Chinesen uns kopieren, sollte man stolz sein.“ Das spreche für eine führende technische Lösung und ein großes Marktpotenzial.
E-T-A gilt als einer der Hidden Champions in Deutschland, die sich trotz teils widriger Standortbedingungen erfolgreich auf dem Weltmarkt behaupten. Als Daumenregel für die Zugehörigkeit zu dieser Gruppe gilt ein Exportanteil von mehr als 50 Prozent, Präsenz auf mindestens drei Kontinenten, ein Umsatz von mehr als 50 Mio. Euro und eine dominante Rolle im globalen Markt. Diese Entwicklung war 1948 noch nicht abzusehen, als Jakob Ellenberger und Harald A. Poensgen ihr Unternehmen für Schutzschalter gründeten. Drei Jahre später stellten die Jungunternehmer auf der Hannover Messe fest, dass sie mit der deutschen und internationalen Konkurrenz mithalten können. Der sogenannte Überstromschutzschalter profitierte vom deutschen Wirtschaftswunder, das immer mehr Elektrogeräte in die Haushalte und Autos auf die Straße brachte. 1965 kam zum Stammwerk in Altdorf eine Produktion im oberpfälzischen Hohenfels hinzu. 1977 folgte ein Werk im tunesischen Akouda, die Fertigung im indonesischen Surabaya begann 1996.
Entwicklung mit Herausforderungen
Doch die Entwicklung verlief alles andere als gradlinig nach oben. Bereits drei Jahre nach der Gründung zettelte die Konkurrenz einen Rechtsstreit wegen vermeintlich falscher Produktkennzeichnung an. Der Prozess wurde zwar gewonnen, aber das Eigenkapital schrumpfte, die Schulden stiegen. 20 Jahre später traf die Ölpreiskrise das Unternehmen mit voller Wucht, die Produktion war nur noch zur Hälfte ausgelastet. Neben Marktturbulenzen von außen blieb auch das Elektronikgeschäft mit Strömungssensorik und Messgeräten ein Verlustbringer. Aus all den Widrigkeiten und Krisen hat sich die E-T-A immer gestärkt und flexibler herausgearbeitet. „Heute setzen wir auf Agilität als iterativen Ansatz“, ergänzt Mitgeschäftsführer Christian Kube. Zwar werde immer noch für ein Jahr im Voraus geplant, der Prozess werde allerdings kontinuierlich überprüft und angepasst. Dazu tragen Markt- und Konjunkturtrends bei. Außerdem fließen Ergebnisse aus einem engen Austausch mit Kunden rund um den Globus in die Steuerung mit ein.
Damit ist auch die Zeit vorbei, in der ein Produkt erst perfekt entwickelt und vorgestellt wurde, um dann in den Verkauf zu gehen. Heute wird eine neue Technologie mit entsprechend langen Anlaufzeiten eng mit den Bedürfnissen der Abnehmer entwickelt. In der Fahrzeugtechnik kann es schon einmal fünf Jahre dauern, bis ein neues Produkt bei einem Erstausrüster angeliefert werden kann. Gleichzeitig sorgt die neue Flexibilität dafür, dass Prototypen schneller als zuvor vorliegen. Die Agilität schützt allerdings nicht vor konjunkturellen Schwankungen: Im vergangenen Jahr hat E-T-A einen Umsatzrückgang von rund zehn Prozent auf 145 Mio. Euro verzeichnet. Deshalb wurde das übliche Drei-Schicht-Modell zurückgefahren und Kurzarbeit angemeldet, die nun nach knapp einem Jahr im April ausgelaufen ist. „Wir planen für 2025 mit einer Seitwärtsbewegung auf dem Niveau von 2024 und haben die Kosten angepasst“, sagt Dietrich. Sollte die Nachfrage in Altdorf vorher anspringen, sei man flexibel genug und bereit.
Im letzten Jahr sank die Zahl der Beschäftigten weltweit um 60 auf 1 400, die Zahl der 759 Mitarbeiter an den beiden deutschen Standorten Altdorf und Hohenfels blieb aber unverändert. Für Dietrich ist es ein zentraler Teil der Unternehmenskultur eines familiengeführten Mittelständlers: „Wir sehen unsere Mitarbeiter ganzheitlich und nicht als Kapital.“ Teamarbeit werde großgeschrieben, ohne dabei schnelle und zielgerichtete Entscheidungswege auszubremsen. Die kooperative Firmenkultur setze auf einen Umgang auf Augenhöhe und drücke sich auch in der Duz-Kultur aus. Beim alljährlichen „Company Retreat“ werden die Hausaufgaben des Jahres diskutiert und die Prozesse immer wieder unter die Lupe genommen. Gerade auch das Feedback der Mitarbeiter helfe, eingeschliffene Prozesse auf den Prüfstand zu stellen.

Kleinteilelager in Altdorf
Ein Baustein der Flexibilität ist das Kleinteilelager, das 2023 auf dem Altdorfer Firmenareal in Betrieb ging. Es dient als Puffer für schwankende Kundenbestellungen. Immerhin umfasst das Sortiment gut 500 bis 600 Warengruppen mit insgesamt mehreren zehntausend Produkten in allen Bau- und Farbvarianten. Pro Jahr werden gut 34 Mio. Produkte ausgeliefert. Außerdem beinhaltet das Lager auch eine Reserve für Rohmaterialien und Zubehör. Die Investition von über 25 Mio. Euro war eine Reaktion auf die wackligen Lieferketten während der Corona-Pandemie. Der Einkauf achtet mittlerweile verstärkt darauf, nicht immer beim billigsten Anbieter zu beschaffen, sondern lieber auf bewährte Partnerschaften zu setzen. „Wir kaufen überwiegend in Europa ein“, beschreibt Kube eine Folge dieser Strategie. Diese kooperative Kultur habe sich auch in Nordafrika ausgezahlt: „Selbst bei der Jasmin-Revolution hatte unser Werk keinen Tag zu“, beschreibt Kube die positiven Folgen. Bei den politischen Umwälzungen in Tunesien 2010 gab es keine Ausschreitungen im oder gegen das E-T-A-Werk. Intern ist aber auch klar: Sollte es dort zu Problemen kommen, könne der Standort innerhalb von zwei Wochen verlegt werden.
„Wir investieren viel in die Nachhaltigkeit“, ergänzt Dietrich. Das neue Lager ist mit flächendeckender Photovoltaik und großflächig begrüntem Dach auf Energieeffizienz getrimmt. Der Standort Hohenfels arbeitet sogar schon CO₂-neutral. Und zum E-T-A-Fuhrpark gehören auch zehn E-Fahrzeuge. Dem Familienunternehmen sind die UN-Nachhaltigkeitsziele wichtig, man stehe voll hinter den „Sustainable Development Goals“. Und so stimmt auch Kube nicht in die allgemeine Klage über Bürokratismus und Überregulierung ein: „Das Lieferkettengesetz ist für uns kein Aufreger, wir halten es für wichtig.“ Man schaue einfach mit einer zusätzlichen Software noch etwas tiefer in die Lieferkette hinein.
Autor: Thomas Tjiang
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