Wie reist man in Zukunft?
Tourismus-Forschung: Das Bayerische Zentrum für Tourismus (BZT) bringt den Austausch zwischen Forschung und betrieblicher Praxis voran.
Das Institut bietet ein Forum, an dem sich die Branche über aktuelle Trends und Forschungsergebnisse austauschen kann. Die Forschungsförderung ist eine weitere wichtige Aufgabe des BZT, das an die Hochschule Kempten angegliedert ist und als e. V. firmiert. Es stößt Forschungsprojekte an und will ein touristisches Forschungsnetzwerk in Bayern aufbauen. Die Forschung des BZT konzentriert sich auf diese vier Themen: Zielgruppen und Märkte, Entwicklung nachhaltiger Destinationen, Mobilität in städtischen und ländlichen Feriengebieten sowie Innovationen in der Tourismuswirtschaft.
Forschungsergebnisse und Branchentrends werden auf zahlreichen BZT-Veranstaltungen diskutiert. Bei Tagungen, Online-Dialogen oder Kamingesprächen kommen Vertreter von Forschung, Tourismusverbänden, Beherbergungsbetrieben, Reiseveranstaltern und Beratungsunternehmen zusammen. Die diesjährige zweitägige Jahrestagung stand im Mai unter der Überschrift "Der Gast im Mittelpunkt: heute – morgen – übermorgen". Nach dem Ende der Corona-Pandemie richtete die Tagung den Blick auf künftige Entwicklungen im Reiseverhalten, die insbesondere durch die Trends Nachhaltigkeit und Digitalisierung beeinflusst werden.
BZT-Vorsitzender Prof. Dr. Alfred Bauer unterstreicht in diesem Zusammenhang: "Online-Sichtbarkeit und Buchbarkeit sind mittlerweile das A und O im Geschäft. Das muss kurzfristig in den Beherbergungsbetrieben umgesetzt werden." Heutzutage wolle der Gast seine Reise oder Übernachtung schnell im Internet buchen und eine sofortige Reservierungsbestätigung erhalten. Auf der Jahrestagung wurde auch diskutiert, welche Möglichkeiten der Einsatz von Künstlicher Intelligenz (KI) im Tourismus eröffnen könnte. Eine der vorgestellten Zukunftsvisionen: Ein hochmodernes Kundendatenmanagement könnte in einem Hotel bis zu 5 000 Datenpunkte für einen Gast erfassen. Das reicht von der einfachen Auswertung von Buchungszeitpunkt, Buchungsgerät, Kreditkarte und Reiseanlass bis zur individuellen Licht- und Temperatursteuerung im Zimmer auf Basis früherer Kundendaten. Und das Zimmer ließe sich per Gesichtserkennung berührungslos öffnen.
Eine andere vorgestellte digitale KI-Anwendung ist eine Routenerfassung im Städtetourismus: Hierfür werden zum Beispiel Instagram-Posts ausgewertet und zu Bewegungsdaten verarbeitet. So lässt sich theoretisch analysieren, in welcher Reihenfolge und zu welchen Zeiten Nürnberg-Touristen Sehenswürdigkeiten wie Kaiserburg, Lorenzkirche, Zukunftsmuseum, Handwerkerhof oder Reichsparteitagsgelände besuchen und wann sie in welche Gastronomiebetriebe einkehren.
BZT-Chef Bauer sieht künftig eine noch engere Verbindung von Digitalisierung und Nachhaltigkeit. Digitale Tools könnten beispielsweise dabei helfen, den CO2-Fußabdruck eines Urlaubs transparent zu machen. Gerade die sogenannte Generation Z reise gern, wolle dies aber möglichst nachhaltig tun.
Das BZT wurde 2019 mit einer Anschubfinanzierung vom Bayerischen Wirtschaftsministerium gegründet. Die auf fünf Jahre ausgelegte Förderung wurde bereits über 2024 hinaus verlängert. Getragen wird das Institut von einer Reihe von Partnern, u. a. der Hochschule Kempten, dem Bayerischen Hotel- und Gaststättenverband (Dehoga), den bayerischen Tourismusverbänden und dem Bayerischen Industrie- und Handelskammertag (BIHK). Laut Wirtschaftsministerium hat es sich in kurzer Zeit zu einer festen Institution in der bayerischen Tourismuslandschaft entwickelt. Das BZT solle dabei unterstützen, Bayerns Rolle als bundesweites Tourismusland Nummer eins zu festigen. Die Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg (FAU), die die Arbeit des Instituts evaluiert hat, unterstreicht dessen großen Nutzen für die heimische Branche: Eine vergleichbare Institution an der Schnittstelle von Forschung und Praxis im Tourismus sei in Europa kaum zu finden.
Autor/in: (tt.)
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