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Geschäftsführer Thomas Steinhart und Stefanie Denk, die für das Thema Nachhaltigkeit zuständig ist, in der Muster- und Kleinserienfertigung der Création Gross GmbH & Co. KG in Hersbruck.
In der Muster- und Kleinserienfertigung: Geschäftsführer Thomas Steinhart und Stefanie Denk, die für das Thema Nachhaltigkeit zuständig ist.

Wer in ein Herren-Sakko schlüpft, dürfte dabei wohl kaum dessen Entstehungsgeschichte im Sinn haben. Dabei sind 110 Einzelteile und rund 250 Arbeitsprozesse nötig, bis es faltenfrei und perfekt sitzend seinen Träger zu den unterschiedlichsten Anlässen begleiten kann. Das Familienunternehmen Création Gross GmbH & Co. KG in Hersbruck versteht sich bereits seit 99 Jahren auf dieses Traditionshandwerk mit Nadel und Faden und behauptet sich damit auf dem hart umkämpften Mode- und Textilmarkt.

Gegründet wurde die Firma 1925 als „Bekleidungswerk August Gross“ in Neuhaus an der Pegnitz. Zu Beginn waren es 20 Beschäftigte, die Maßkleidung fertigten, anfangs auch für Damen. Sehr bald erfolgte aber die Konzentration auf „HAKA“, wie es in der Fachsprache der Textilbranche heißt, auf „Herrenanzüge und Knabenanzüge“. Seit 1963 ist der Firmensitz in Hersbruck, da man Platz für Expansion brauchte und an einem verkehrsgünstigeren Standort sowie näher an Nürnberg sein wollte. Dort arbeiten heute rund 200 Beschäftigte, viele davon seit vielen Jahren oder gar Jahrzehnten. Jährlich beginnen fünf bis sechs junge Leute ihre Ausbildung in Berufen vom Fachinformatiker bis zum Modenäher.

Bis heute in Familienhand

Der Bekleidungshersteller befindet sich bis heute in Familienhand, mit den Cousins Peter und Wolfgang Gross als Gesellschafter in der dritten Generation. Ab September ist mit Dominik Gross die vierte Generation in der Unternehmensleitung. Er wird dann als Geschäftsführer für Vertrieb, Produkt und Marketing gemeinsam mit Thomas Steinhart, Geschäftsführer für die Bereiche Operations und Finance, und seinem Vater und Geschäftsführenden Gesellschafter Peter Gross an der Spitze des Unternehmens stehen. Eine Million Teile gehen jährlich von Hersbruck aus an die Kundschaft in rund 50 Ländern weltweit. 90 Prozent davon sind Anzüge, also Sakkos, Hosen und Westen. Dazu kommen Mäntel, Strickwaren und Schuhe sowie Accessoires wie Gürtel, die zwar in Hersbruck designt und entwickelt, aber von Vertragsfirmen für Gross produziert werden. In der Firmenzentrale in Hersbruck befindet sich neben den klassischen Abteilungen wie Design, Vertrieb, Marketing, Finanzen, Logistik, Forschung und Entwicklung sowie Personal auch eine komplette Produktion sozusagen en miniature mit allen Einzelschritten vom Zuschnitt bis zum Bügel-Finish für Prototypen und Musterteile.

Geschäftsführer Thomas Steinhart von der Création Gross GmbH & Co. KG in Hersbruck zeigt Stoffmuster der aktuellen Kollektionen.
Im Musterzimmer: Geschäftsführer Thomas Steinhart zeigt Stoffmuster der aktuellen Kollektionen.

Produzieren lässt Gross unter anderem in Bosnien und Usbekistan, einige wenige Teile noch in der Türkei und in der Ukraine. „Wir können dort nur noch in einem der beiden Werke produzieren lassen, wir sind dort stark engagiert, auch mit Bürgschaften“, erklärt Thomas Steinhart. „Über das Geschäftliche hinaus fühlen wir uns der Ukraine und ihren Menschen sehr verbunden und versuchen zu helfen, soweit es uns möglich ist.“ Der Krieg in der Ukraine sei auch der Grund, warum man sich entschieden habe, sich komplett aus dem russischen Markt zurückzuziehen und dort keine Kunden mehr zu beliefern. Für die Zukunft sieht die Firma wesentliche Ertragschancen im Export, der derzeit rund 40 Prozent zum Umsatz beiträgt. Es gebe leichte Steigerungen in Deutschland, aber deutliche im Ausland. Neben der Schweiz, Österreich, Benelux und Dänemark laufe es beispielsweise sehr gut in Polen. „Frankreich schwächelt ein wenig und Großbritannien ist mit der Zollbürokratie nach dem Brexit schwierig geworden“, so Steinhart. Grundsätzlich sei ohnehin kein Land der Welt einfach, man müsse sich immer auf unterschiedliche Kulturen, Rechts-, Zoll- oder Steuersysteme einstellen oder wie beispielsweise für Saudi-Arabien spezielle staub- und sandsichere Verpackungen anbieten können.

Hinderliche Bürokratie

Aber nicht nur die Nach-Brexit-Zollbürokratie stört Thomas Steinhart: „Auch die Vielzahl an deutschen und europäischen Normen und Vorschriften machen das Geschäft nicht gerade leichter. Die immer mehr überhandnehmende Bürokratie kostet uns als Unternehmen enorm viel Zeit und Geld. Beides würden wir lieber in andere Bereiche stecken.“ Investiert hat Création Gross beispielsweise gerade in die Entwicklung und den Aufbau einer neuen Bügelstraße für das effizientere Aufarbeiten von Retouren von Händlern oder aus dem hauseigenen Online-Shop. „Grundsätzlich werden bei uns aber keine Rückläufer geschreddert oder weggeworfen“, sagt Stefanie Denk, die unter anderem für das Thema Nachhaltigkeit zuständig ist. Was nicht hundertprozentig aufgearbeitet werden kann, gehe als zweite Wahl in einen der Outlet-Shops und was als dritte Wahl eingestuft ist, verschenke man an soziale Einrichtungen. Ressourcen einsparen ist dabei ebenfalls ein wichtiges Thema: Gerade laufen Versuche, ob es ausreichend ist, beim Lkw-Transport nur die Sakkos rechts und links auf den Stangen mit Kunststofffolie zu schützen und die Hosen ohne Folie in der Mitte zu verstauen. „Wenn sich das erfolgreich komplett umsetzen lässt, sparen wir große Mengen Kunststofffolien ein“, so Stefanie Denk. 

Jedes Teil aus dem Hause Gross, ob Jacke oder Hose, ist gewissermaßen immer zweimal in Hersbruck. Denn alle Stoffe, die verarbeitet werden, kommen zunächst zu einer Qualitätskontrolle nach Hersbruck, ebenso wie die fertigen Teile. Egal ob sie danach in die Mongolei oder nach Nürnberg zu einem Händler verschickt werden, durchlaufen sie noch einmal eine Endqualitätskontrolle in der großen mehrstöckigen Logistikhalle in Hersbruck. „Unser hoher Qualitätsanspruch ist sicher ein Teil unseres Unternehmenserfolgs und unser Preis-Leistungs-Verhältnis ist relativ unschlagbar in der Branche, würde ich mal behaupten“, so Thomas Steinhart. Man profitiere bei beiden Marken – „Carl Gross“ und „CG – Club of Gents“ – von dem Trend, dass es in vielen Lebensbereichen kleidungsmäßig informeller zugehe: Als „Gegenbewegung“ dazu wird für Anlässe wie Hochzeiten, Abiturbälle oder Familienfeiern besondere und festliche Kleidung gesucht, erklärt Thomas Steinhart. „Nach deutlichen Umsatzeinbrüchen während Corona hatten wir 2022 ein richtiges Boom-Jahr, der Feier-Nachholbedarf bescherte uns einen Rekordumsatz von 74 Mio. Euro“, sagt er. Inzwischen sei man mit rund 65 Mio. Euro wieder ungefähr auf dem Vor-Corona-Niveau und plane für das laufende Jahr und 2025 leichte Umsatzsteigerungen. Einen Grund, dass Création Gross so gut durch die schwierige Corona-Zeit gekommen sei, sieht Geschäftsführer Steinhart darin, dass man ein Familienunternehmen sei und in schwierigen Zeiten nicht Finanzmittel herausgezogen, sondern mehr investiert habe. „Das ist nicht überall der Fall“, so seine Einschätzung. „Auch wie hier der Generationenwechsel geplant und umgesetzt wird, das schaffen nicht alle so gut“, sagt Steinhart.  

Autor/in: cp.

www.creationgross.com

Webcode: N648