Von der Bühne auf den Chefin-Sessel
Flic Flac: Larissa Kastein leitet den Nürnberger Spielort des Artistik-Show-Betriebs Flic Flac – eine Branche, die sie seit Kindestagen kennt.
Seit ein paar Wochen läuft die heiße Phase: Larissa Kastein und ihr Team blicken schon gespannt auf den Dezember. Dann startet in Nürnberg wieder die Artistik-Show Flic Flac, deren Namen sich von der ähnlich geschriebenen Turnübung ableitet. Im letzten Jahr hat Kastein die Flic Flac NB GmbH gegründet, die Nürnberger Tochter der Circus Flic Flac GmbH mit Sitz im nordrhein-westfälischen Borken. Denn ihr Vater Benno Kastein, der Flic Flac 1989 ins Leben gerufen hatte, hat ihr im vergangenen Jahr die Verantwortung für die Show in Nürnberg übertragen. Seitdem leitet die Unternehmerin den Standort allein. „Mein Vater steht mir weiter mit Rat und Tat zur Seite, aber ich bringe natürlich meine eigene Handschrift mit ein“, sagt sie. „Und er möchte natürlich auch, dass die Show modern und jung bleibt, deshalb lässt er mich auch machen.“
Ins Show-Geschäft ist Larissa Kastein aber schon von klein auf hineingewachsen. Seit sie ein Kind war, stand sie als Akrobatin mit auf der Bühne. Und auch die unternehmerische Seite hat sie schon in jungen Jahren mitbekommen: „Ich habe das bei meiner Mutter mitgelernt, die mich ins Büro mitgenommen und mir Sachen wie Kassenvorgänge und das Ticketing gezeigt hat.“ Auch wenn ihr das im Teenager-Alter nicht immer Freude bereitet habe, ist sie froh, dass ihre Eltern ihr diese Grundlagen vermittelt haben. „Wenn man so ein Geschäft übernimmt, muss man Ahnung haben, das gehört dazu“, sagt die Firmenchefin. „Man muss vom Zirkus kommen, sonst hat man einfach nicht die Erfahrung. Das ist kein Acht-Stunden-Job.“
Auf Tour hatten Larissa und ihre Schwester Tatjana Unterricht bei einer Privatlehrerin und haben schließlich den Realschulabschluss gemacht. Ihr sei bewusst gewesen, dass sie nicht unbegrenzt als Artistin tätig sein kann. „Ich habe dann gemerkt, dass mir das Kreieren von Shows Spaß macht.“ Sie übernahm im weiteren Verlauf zunehmend Aufgaben von ihrem Vater. Vor ein paar Jahren kam ihre Tochter zur Welt, die inzwischen schon im Schulalter ist. Training für die Shows war dann nicht mehr möglich. 2019 übertrug der Flic-Flac-Gründer die Leitung des Tourneegeschäfts an seine beiden Töchter. Jetzt kümmert sich Larissa Kastein schwerpunktmäßig um die kreativen Parts des Geschäfts. Bei ihrer Schwester, die am Spielort in Dortmund tätig ist, liegt der Fokus auf der Buchhaltung. Generell leiten beide ihre Unternehmensbereiche unabhängig voneinander.
Corona als Richtungswechsel
Nürnberg ist einer von sechs Spielorten des Unterhaltungsbetriebs. Vor der Corona-Krise war der Zirkus stets auf Tour. Doch mit der Pandemie und ihren gravierenden Folgen für die Veranstaltungs- und Unterhaltungsbranche änderte sich das. Das war auch für Kastein die bisher größte Herausforderung als Unternehmerin. „Anfang 2020 hatten wir noch die besten Voraussetzungen, doch bald darauf wussten wir nicht, ob wir noch Shows spielen können und ob es uns künftig noch geben wird“, sagt sie rückblickend. „Die zweieinhalb Jahre haben uns grundlegend verändert.“ Das Unternehmen entschied sich daraufhin für feste Spielstätten, an denen die Shows abgehalten werden – neben Nürnberg sind das Duisburg, Kassel, Erfurt, Dortmund und Bielefeld.
„Man lebt da auch anders, wenn man einen festen Bezugspunkt hat“, sagt die Unternehmerin. In einem Geschäft wie dem von Flic Flac könne man zwar keine wirklich enge Bindung zu den Orten aufbauen, an denen man tätig ist. „Da fühlt man sich dann wohl, aber nicht zuhause“, so ihre Einschätzung. Auf dem Volksfestplatz in Nürnberg habe sie aber doch ein Zuhause-Gefühl. Zumal sie letztes Jahr fest nach Nürnberg gezogen ist und jetzt dort mit ihrer Tochter und ihrem Lebensgefährten wohnt. Die Stadt sei einer der wichtigsten Flic-Flac-Standorte und Kastein hat auch vor, dort zu bleiben, obwohl es schwierig sei, in diesem Geschäft langfristig zu planen. Doch bis ihr Vater in den Ruhestand geht und das Zepter vollständig an seine beiden Töchter abgibt, dauert es noch etwas.
Damit Flic Flac jedes Jahr aufs Neue seine Zuschauer mit kuriosen Darbietungen beeindrucken kann, hält Larissa Kastein immer wieder Ausschau nach Artisten – und das bei Shows weltweit. „Die Top-Leute muss man hier früh genug buchen“, so ihre Erfahrung. „Da sparen wir auch nicht beim Personal.“ Allerdings ließen sich die Akrobaten auch sehr gerne vom Flic-Flac-Team anheuern: „Wir haben in der Artistenwelt einen Namen“, sagt die Unternehmerin. Durch ihren persönlichen Hintergrund als Artistin wisse sie, worauf man beim Rekrutieren der Künstler achten und auf welche Bedürfnisse man eingehen müsse. Zudem seien die Akrobaten durch den Aufbau der Ränge in der Nürnberger Manege sehr nah am Publikum, erklärt Kastein. „Die Zuschauer geben ihnen dadurch während der Vorstellung sehr viel zurück.“
Schwierige Personalsuche
Etwas kniffliger ist die Suche aber beim Personal, das hinter der Bühne arbeitet: „Wir haben einen festen Kern an wichtigen Leuten, die lassen sich auch gut bezahlen, die sind aber auch elementar für die Show“, sagt Kastein. Es sei aber schwieriger geworden, neue Mitarbeiter zu finden, beispielsweise für den Aufbau. Hier greift man auf Arbeiter aus Rumänien zurück. Insgesamt arbeiten während der Vorstellungssaison jeweils etwa 120 Beschäftigte an den sechs Spielorten.
Für die Zukunft möchte die Nürnberger Flic-Flac-Chefin die Show weiterentwickeln und hat dafür schon viele Ideen, auch solche, die in eine andere Richtung als die Weihnachtsshow gehen. Doch mehr kann sie noch nicht verraten. Eine weitere Idee von ihr ist, das gastronomische Angebot auszubauen und dafür ein eigenes Zelt bauen zu lassen. Bei ihren Plänen möchte die Unternehmerin immer wieder in kleinen Schritten vorausgehen, ausruhen sei nicht drin.
Autor/in: jf.
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