Brücken in neue Märkte bauen
Schwellenländer: Projekte der Entwicklungszusammenarbeit werden vom Bund stark gefördert. „Business Scouts“ beraten die Unternehmen.
Die Wirtschaft soll stärker in Projekte der Entwicklungshilfe einbezogen werden: Das ist das erklärte Ziel des Bundesministeriums für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (BMZ). Das würde beiden Seiten zugute kommen: Den Unternehmen eröffnen sich Brücken in die Märkte der Schwellenländer, und die Gastländer profitieren von Investitionen, Arbeitsplätzen und Know-how. Bei einer Informationsveranstaltung in der IHK Nürnberg für Mittelfranken wurde gezeigt, wie auch mittelständische Unternehmen von Projekten der Entwicklungszusammenarbeit profitieren können und welche Beratungs- und Förderangebote es gibt.
Eine zentrale Rolle spielen die „Business Scouts“ (bis vor Kurzem als „EZ-Scouts“ bekannt): Sie sind im Auftrag des Bundesministeriums als Ansprechpartner und Berater tätig. Sie wissen Bescheid über die Förder- und Finanzierungsprogramme des Bundes und über die Förderverfahren. Außerdem stellen sie Kontakte mit möglichen Kooperations- und Geschäftspartnern im In- und Ausland her, beraten über geeignete Messen und stoßen gemeinsame Projekte an. Zusammen mit dem Entwicklungsministerium und der IHK-Organisation bilden die Business Scouts das Netzwerk „Business Scouts for Development Programm” (BSfD), das im In- und Ausland aktiv ist. Zu finden sind die Experten in Deutschland beispielsweise bei IHKs, Verbänden und außenwirtschaftlichen Institutionen wie dem Außenwirtschaftszentrum Bayern (AWZ) in Nürnberg. In den Partnerländern sind die Business Scouts u. a. in die Büros der deutschen Entwicklungshilfe-Einrichtungen integriert oder in den Häusern der Auslandshandelskammern (AHKs) und der Delegationen der Deutschen Wirtschaft ansässig.
Koordiniert wird das BSfD-Netzwerk aus Business Scouts, IHK-Organisation und Ministerium von der Deutschen Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit GmbH (GIZ). Die über 40 Business Scouts sind in über 30 Partnerländern im Einsatz, um dort die Aktivitäten der Privatwirtschaft zu fördern. Sie sind sozusagen die Schnittstelle zwischen der deutschen Außenwirtschaft und der Entwicklungszusammenarbeit. Laut GIZ soll auf diese Weise die Entwicklungspolitik in die Wirtschaft getragen werden: „Die Zusammenarbeit mit der Wirtschaft ist zentral, um Hunger, Armut und Ungleichheit zu bekämpfen.“
Bei der Auswahl der Projekte werden Schwerpunkte auf die entwicklungspolitischen Zielsetzungen des BMZ gesetzt: Klima, Energie und Umwelt, nachhaltiges Lieferkettenmanagement sowie Digitalisierung. Zahlreiche Projekte betreffen zudem die Bereiche berufliche Bildung, Handwerk, Gesundheit, nachhaltige Wirtschaftsentwicklung sowie Landwirtschaft und Ernährung.
Beispiele für Projekte
Bei dem Erfahrungsaustausch in der IHK wurde mit konkreten Beispielen gezeigt, wie sich Unternehmen in der Entwicklungszusammenarbeit einbringen können: So ist IMA Sanierungszentren, ein kleines Unternehmen aus Germersheim, in Afrika aktiv und setzt dort Projekte zur Kreislaufwirtschaft um. Bei einem Pilotprojekt in Gambia ging es um die Herstellung von Kompost. Nun wird auf diesen Erfahrungen mit einem weiteren Projekt in Ruanda aufgebaut: Dort sollen an drei Standorten Kreislaufzentren realisiert werden, um Wertstoffe und Bioenergie wirtschaftlich zu gewinnen. Dabei arbeitet IMA mit lokalen Partnern wie einer Universität sowie mit Unternehmen und Institutionen zusammen. Das Projekt verfolgt mehrere Ziele: Entlang der Wertschöpfungskette soll vom Kleinbauern bis zur Führungskraft für mehr Einkommen gesorgt werden. Außerdem geht es darum, die Hygiene und die Entsorgung zu verbessen, Emissionen zu reduzieren, die Fruchtbarkeit des Bodens zu erhöhen und die bisher gebräuchlichen synthetischen Dünger zu ersetzen.
Die Firma DKT Deutsche Kennzeichen Technik aus Ahrensburg ist in der kambodschanischen Hauptstadt Phnom Penh aktiv: Dort soll der Verkehr mit smarter Technologie gesteuert werden, sodass sich die Luftqualität, aber auch die Verkehrssicherheit erhöhen. Eingerichtet wird eine Zone mit Verkehrsüberwachung und Umweltsensorik, sodass das Verkehrsaufkommen, der Verkehrsfluss und die Arten der Fahrzeuge erfasst werden können. Aus den Ergebnissen sollen Maßnahmen der Verkehrsplanung und des Verkehrsmanagements entwickelt werden, um die Luftqualität zu verbessern.
Bayerische IHKs im Netzwerk aktiv
Die bayerischen IHKs engagieren sich seit zehn Jahren im BSfD-Netzwerk dafür, dass sich kleine und mittlere Unternehmen an Projekten der Entwicklungszusammenarbeit beteiligen. In den letzten sechs Jahren wurden in Bayern mehr als 200 Unternehmen im Zuge des BSfD-Programms individuell beraten. Außerdem fanden 110 Veranstaltungen mit 4 200 Teilnehmern statt. Armin Siegert, Leiter des IHK-Geschäftsbereichs International der IHK Nürnberg für Mittelfranken, empfahl Unternehmen, die neue Märkte erschließen möchten, die Kontaktaufnahme mit den Business Scouts. Es sei eine „niederschwellige“ Möglichkeit, um an Projekten der Entwicklungszusammenarbeit teilzunehmen und von Förderprogrammen des Bundes zu profitieren. Nicht zuletzt seien die Scouts auch eine wichtige Informationsquelle für die IHKs.
Siegert sieht aber auch Verbesserungsbedarf, insbesondere bei der Kommunikation über die Möglichkeiten des Programms. Sinnvoll wäre ein stärkerer Erfahrungsaustausch mit Unternehmen, die schon beraten wurden und bereits Erfahrungen in der Entwicklungszusammenarbeit gesammelt haben. Auch der Förderdschungel sollte gelichtet werden. Das würde den Business Scouts die Arbeit erleichtern. Denn mehr weltweite Zusammenarbeit sei dringend geboten angesichts der großen Herausforderungen etwa bei Klimaschutz und Armutsbekämpfung.
Autor/in: (leo.)
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