„Im Internet zu Hause“
Consorsbank: Neue Kundengruppen, neue Produkte, neue Kampagnen: Das in Nürnberg sitzende Kreditinstitut treibt die Digitalisierung voran.
Die in Nürnberg ansässige Consorsbank, eine Marke und Zweigniederlassung der französischen Großbank BNP Paribas S.A., hat sich auf Börseninvestments und Vermögensaufbau ohne Beratung spezialisiert. Damit folgt sie ihrer Gründeridee als ConSors Discount-Broker GmbH aus dem Jahr 1994, als unter dem Dach der einstigen Schmidt-Bank erstmals Verbraucher per Telefon oder Fax ihre Aktienkäufe abwickeln konnten. Nach einer wechselvollen Geschichte stieg 2002 die BNP Paribas ein und positionierte 2014 die damalige Cortal Consors als Consorsbank. „Wir sind im Internet zu Hause“, sagt Dr. Sven Deglow. Er ist Co-CEO der Geschäftseinheit BNP Paribas Personal Investors Germany und führt die drei Marken Consorsbank, DAB BNP Paribas und BNP Paribas Wealth Management Private Banking.
Den Schwung im Börsenhandel aus der Corona-Zeit konnte Deglow mit in das turbulente Aktienjahr 2022 mitnehmen: Die Zahl der Kunden legte in den ersten neun Monaten 2022 im Vergleich zu Ende September 2021 um eine halbe Mio. auf 1,58 Mio. zu. Sie haben überwiegend ein Wertpapierdepot, die Zahl der Girokonten liegt dagegen bei etwas über 350 000 Mio. Zwar registriert die Consorsbank steigende Transaktionszahlen, das verwaltete Kundenvermögen sank im Jahresvergleich zum Ende September aber um 2,2 Mrd. Euro. Seit dem zweiten Quartal sorge zudem die komplexe Lage aus russischem Angriffskrieg, dessen Folgen und der hohen Inflation zu Zurückhaltung bei Investments. Zu konkreten Bilanzzahlen gibt Deglow keine Auskunft, die BNP Paribas veröffentlicht nur eine Gesamtbilanz. Aber sowohl für 2021 als auch für das auslaufende Geschäftsjahr 2022 liefere seine Einheit einen Gewinn ab: „Wir sind ein sehr profitables Unternehmen.“ Die Zahl der Beschäftigten in Nürnberg beziffert er mit rund 1 000 als stabil, alle drei Marken beschäftigten konstant 1 400 Mitarbeiter. In Nürnberg werden derzeit 14 Azubis ausgebildet, darunter entsprechend der Ausrichtung vier angehende Banker sowie zehn angehende IT-Fachleute. Außerdem sorgt das Haus mit 15 dualen Studenten, darunter Wirtschaftsinformatiker, auch für akademischen Nachwuchs aus den eigenen Reihen.
Einzelaktien, gemanagte oder Index-Fonds (ETFs) oder Börsensparpläne haben es angesichts einer schwachen Aktienkultur in Deutschland nicht leicht. Der typische Consors-Kunde sei durchschnittlich Anfang 40 Jahre und zu mehr als zwei Dritteln männlich. Nach Jahren einer gewissen Abstinenz steht nun eine größere Marketing-Aktion an, um jüngere Kunden vom langfristigen Potenzial eines Wertpapierdepots zu überzeugen. Mittlerweile erledigten rund ein Drittel der Kunden ihre Bankgeschäfte mobil, z. B. mit dem Smartphone. Vor Corona waren es gerade einmal fünf Prozent. Deglow treibt die Digitalisierung im Hintergrund voran: Da viele Daten über die Kunden und deren Börsenaktivitäten über einen vergleichsweise langen Zeitraum vorliegen, will er damit seine Kunden besser kennenlernen. Aus bis zu 1 500 Merkmalen pro Kopf sollen nicht nur „gezieltere Marketing- und Vertriebskampagnen mit weniger Streuverlusten“ entstehen, sondern auch neue Produkte für Einsteiger oder „Heavy Trader“. Kunden investierten auffällig stark in ETF-Sparpläne.
Eine Prognose für 2023 gibt Deglow nicht ab: „Die Unsicherheiten sind zu groß.“ Absehbar sei, dass das lange darbende Thema Tagesgeld nach der Zinswende der EZB wieder attraktiver werde. Als neue Produktlinie kündigt er eine digitale Vermögensverwaltung mit niederschwelligem Einstieg ein. Auch hier setzt er nicht auf Beratung, sondern auf „Selbstentscheider“. Sie müssten sich nicht durch Aktien- oder ETF-Listen wühlen, sondern bekämen vorstrukturierte Vorschläge, die nach Vermögenserhalt oder Wachstumschancen abgestuft sind, so Deglow.
Autor/in: (tt.)
Webcode: N318