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Seit dem 1. April 2024 darf in Deutschland legal „gekifft“ werden. Das an diesem Tag in Kraft getretene Konsumcannabisgesetz (KCanG) regelt unter anderem den Umgang mit sogenanntem Konsum-Cannabis. Auch der Anbau und der Besitz von Cannabis werden (teil-)legalisiert. Selbst wenn Mitarbeiter Cannabis außerhalb der Arbeitszeit konsumieren, kann sich dies negativ auf das Arbeitsverhältnis auswirken. Die neue Rechts- und Gesetzeslage führt deshalb zu zahlreichen Fragen für die Arbeitgeber, wie sie mit Cannabis am Arbeitsplatz umgehen sollen.

Der Arbeitgeber sollte ausreichende Maßnahmen einleiten, um die Sicherheit im Betrieb bei festgestelltem Cannabis-Konsum zu gewährleisten. Er darf z. B. einen berauschten Beschäftigten nicht mehr arbeiten lassen, wenn dieser dazu nicht mehr in der Lage ist. Dies gilt umso mehr, wenn dadurch Gefahren für den Mitarbeiter und dessen Kollegen drohen. Andernfalls würde gegen geltende Arbeitsschutzbestimmungen verstoßen, u. a. gegen § 3 Arbeitsschutzgesetz (ArbSchG) und gegen Vorschriften der Deutschen Gesetzlichen Unfallversicherung (§ 7 Abs. 2 DGUV Vorschrift 1). In solchen Fällen greift dann meistens schon ein Beschäftigungsverbot. Zudem hat der Arbeitgeber die erforderlichen Maßnahmen zu treffen, damit die nichtrauchenden Beschäftigten in Arbeitsstätten wirksam vor den Gesundheitsgefahren durch Rauch und Dämpfe geschützt werden (§ 5 Abs. 1 Arbeitsstättenverordnung ArbStättV). Dies gilt selbstverständlich auch für Cannabis-Produkte.

Darf also am Arbeitsplatz Cannabis konsumiert werden? Wenn absolute Rauschmittelverbote bestehen, ist diese Frage einfach und mit einem klaren „Nein“ zu beantworten. So gilt beispielsweise für Busfahrer, Straßenbahnfahrer und Piloten bereits kraft Gesetzes, dass sie nüchtern zur Arbeit erscheinen müssen. Dies bedeutet, dass sie einen etwaigen Cannabis-Konsum in ihrer Freizeit entsprechend planen müssen. Zudem sieht § 5 KCanG vor, dass z. B. in Schulen, in öffentlich zugänglichen Sportstätten sowie in Kinder- und Jugendeinrichtungen der Konsum von Cannabis verboten ist. Dies gilt damit auch für die Beschäftigten, die in diesen Bereichen arbeiten.

Hat Kiffen Einfluss auf die Arbeitsleistung?

Grundsätzlich wird es jedoch darauf ankommen, ob der Cannabis-Konsum einen negativen Einfluss auf die Arbeitsfähigkeit und damit auch auf die Arbeitsleistung der Konsumenten hat. Daraus ergibt sich jedoch die Erkenntnis, dass grundsätzlich der Konsum in der Freizeit, also auch in den Pausen, erlaubt ist, wenn solche negativen Auswirkungen nicht drohen. Gleiches dürfte grundsätzlich sogar für den Konsum am Arbeitsplatz selbst gelten, wenn damit keine Mitarbeiter beeinträchtigt werden und die Arbeitsleistung wie im nüchternen Zustand weiterhin erbracht werden kann.

Dies steht jedoch unter der Prämisse, dass der Konsum (zumindest am Arbeitsplatz) und das Arbeiten im berauschten Zustand nicht anderweitig verboten worden sind. Nicht zuletzt, um den Sorgfaltspflichten nachzukommen, sollten Arbeitgeber solche Verbote regeln. Dies kann vor allem durch Regelungen im Arbeitsvertrag oder in Betriebsvereinbarungen sowie in Tarifverträgen geschehen. Bestehende Regelungen sind mitunter an die neue Rechts- und Gesetzeslage anzupassen. Gerade wenn ein Betriebsrat besteht, hat dieser entsprechende Mitbestimmungsrechte, insbesondere beim Ordnungsverhalten (§ 87 Abs. 1 Nr. Betriebsverfassungsgesetz BetrVG) und beim Gesundheitsschutz (§ 87 Abs. 1 Nr. 7 BetrVG). Besteht kein Betriebsrat, kann der Arbeitgeber auch über sein Weisungsrecht gemäß § 106 Gewerbeordnung (GewO) entsprechende Verbotsrichtlinien erlassen.

Wie weit der Arbeitgeber bzw. die Betriebs- oder Tarifvertragsparteien hier gehen dürfen, ist umstritten. Zieht man Parallelen zum Alkoholverbot, ist nach der Rechtsprechung ein absolutes Alkoholverbot am Arbeitsplatz nicht per se gerechtfertigt. Dies wird vielfach mit der sozialen Funktion von Alkohol begründet. Anders dürfte die Wertung, zumindest nach vorläufig herrschender Meinung, beim Cannabis-Konsum ausfallen. Ein absolutes Verbot, Cannabis am Arbeitsplatz zu konsumieren, dürfte zulässig sein. Was Mitarbeiter jedoch in ihrer Freizeit tun, ist dem Einflussbereich des Arbeitgebers in der Regel entzogen. In diesem Zusammenhang stellt sich daher die strittige Frage, inwieweit verlangt werden kann, dass Mitarbeiter nüchtern zur Arbeit erscheinen müssen, solange dies nicht bereits gesetzlich verpflichtend ist. Jedenfalls sind für spezielle sicherheitsrelevante Tätigkeiten und Bereiche auch solche Einschränkungen denkbar.

Unabhängig von einem Verbot kann es für Arbeitgeber schwierig sein, die negativen Auswirkungen eines Konsums zu erkennen. Es muss aber zumindest gehandelt werden, wenn Ausfallerscheinungen eindeutig erkennbar sind. Dies wird jedoch nicht immer der Fall sein. Auch anderweitige Auswirkungen wie verlängerte Reaktionszeiten, glasige Augen, auffällige Stimmungsschwankungen etc. können auf Cannabis-Konsum hindeuten. Feste Grenzwerte gibt es jedoch nicht. Eine Festlegung auf Grenzwerte dürfte auch deswegen schwierig sein, weil sich die Cannabis-Wirkungen von Person zu Person und je nach körperlicher Konstitution unterscheiden. Dieser Gefahr kann mit freiwilligen Drogentests, zumindest bei zulässigen anlassbezogenen Verdachtskontrollen, begegnet werden. Diese unterliegen jedoch der Einwilligung der Betroffenen und hohen datenschutzrechtlichen Hürden. Bei einem berechtigten Interesse des Arbeitgebers können auch Einstellungsuntersuchungen einen Teil der Gefahr abfangen.

Weitere arbeitsrechtliche Maßnahmen

Kann wegen eines Cannabis-Konsums keine Arbeitsleistung erbracht werden, muss der Arbeitgeber insoweit auch keine Vergütung zahlen. Als mögliche Sanktionsmaßnahmen kommen je nach Schwere des Fehlverhaltens auch der Ausspruch von Abmahnungen bis hin zur ordentlichen oder sogar fristlosen Kündigung in Betracht. Arbeitgeber stehen dabei oft vor dem Problem, ob es sich um steuerbares Verhalten handelt oder nicht, wie es bei Suchterkrankungen der Fall ist. Gerade wenn eine Sucht vorliegt, können zunächst weitere Maßnahmen (z. B. Unterstützung bei der Suchtbekämpfung, Suchen von Weiterbeschäftigungsmöglichkeiten) erforderlich sein, bevor gekündigt werden kann. Zu empfehlen ist darüber hinaus, dass der Arbeitgeber – gegebenenfalls zusammen mit dem Betriebsrat – betriebliche Präventionsmaßnahmen einrichtet, um den Gefahren des Cannabis-Konsums am Arbeitsplatz entgegenzuwirken.

Autor: Thomas Lausenmeyer ist Rechtsanwalt und Associate Partner bei der Rechtsanwalts-, Steuerberatungs- und Wirtschaftsprüfungsgesellschaft Rödl & Partner in Nürnberg (thomas.lausenmeyer(at)roedl.com, www.roedl.com)

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