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Neun Länder auf der Welt versprechen laut einer Studie des Prognos-Instituts besonders gute Geschäftschancen für deutsche Unternehmen. Sie standen im Mittelpunkt der Veranstaltung „Wachstumsmärkte der Zukunft – Your ticket around the world“, zu der die IHK Nürnberg für Mittelfranken vor Kurzem eingeladen hatte. Weil die weltweiten Lieferketten brüchiger werden und der Protektionismus zunimmt, wird geraten, die Handelsbeziehungen breiter aufzustellen – Stichwort Diversifizierung. „Länderrisiken sind ein zentrales Thema für die Unternehmen“, unterstrich Claudia Haas von der Kreditversicherung Coface in Mainz, die dreimal im Jahr die Geschäftsrisiken in 160 Ländern analysiert.

Brasilien: „Südamerika wird bei der Diversifizierung noch viel zu wenig beachtet“, findet Claudia Bärmann-Bernard von der Deutsch-Brasilianischen Industrie- und Handelskammer (AHK) mit Sitz in São Paulo. Brasilien sei das Tor zum lateinamerikanischen Markt mit 200 Mio. Einwohnern, der neuntgrößten Volkswirtschaft der Welt und einer großen und traditionsreichen Industrie. Das Land zeichne sich durch einen außergewöhnlichen Reichtum an Ressourcen aus, wie seltene Erden und Lithium. In 90 Prozent des Landes habe man Zugang zum Internet. In Brasilien sind viele bayerische Unternehmen aktiv, die gute Anlaufpunkte für ein Engagement vor Ort sein könnten. Maßgeschneidert für deutsche Unternehmen sei das Projekt „Hub for a German-Brazilian Green Ecosystem“ des Bundesstaates São Paulo in der Industriestadt Cubatão, das sich an Unternehmen aus der Umwelt- und Energietechnologie richtet.

Kolumbien: Durch den Zugang zu Pazifik und Atlantik sei das Land eine strategische Plattform für alle Regionen der Welt, erklärte Angela Jiménez von der Deutsch-Kolumbianischen Industrie- und Handelskammer in Bogotá. Sie sieht neben der vorteilhaften geografischen Lage weitere Standortfaktoren, die für ein Engagement in der viertgrößten Volkswirtschaft Lateinamerikas sprechen: Da sind beispielsweise der attraktive Binnenmarkt mit 52 Mio. Einwohnern und die zahlreichen Freihandelsabkommen, die den Außenhandel erleichtern. Eines davon besteht mit Deutschland, dem sechstgrößten Handelspartner des Landes. Der Staat will wie eine Reihe anderer Länder eine Produktion von grünem Wasserstoff aufbauen sowie die Verkehrsinfrastruktur ausbauen. Hier gibt es laut Jiménez für deutsche Unternehmen gute Geschäftsmöglichkeiten, wie beispielsweise auch auf diesen Feldern: Umwelttechnik, Gesundheitswirtschaft, Automobilindustrie und Landwirtschaft.

Mexiko: Die Automobilindustrie in Mexiko wächst beständig und die Investitionen der Branche in die Elektromobilität steigen, so Andreas Müller von der Deutsch-Mexikanischen Industrie- und Handelskammer in Mexiko-Stadt. „Der Ansturm ausländischer Unternehmen im Zuge des Nearshorings hält deshalb weiterhin an.“ Das liege auch daran, dass das Land Freihandelsabkommen mit 52 Ländern abgeschlossen habe – so viel wie kein anderes Land weltweit. Deutschland ist Mexikos wichtigster Handelspartner und neben Brasilien der wichtigste Wirtschaftspartner Bayerns in Lateinamerika. Als Teil der nordamerikanischen Freihandelszone mit den USA und Kanada nutzen viele Unternehmen Mexiko als Sprungbrett in die USA. Ein weiteres wichtiges Argument für Investitionen ist der große Binnenmarkt (mit 130 Mio. Einwohnern der zweitgrößte in Lateinamerika) und die ökonomische Stabilität. Die industrielle Infrastruktur sei bereits jetzt gut entwickelt, aber für deutsche Unternehmen gebe es entlang der gesamten Wertschöpfungskette noch viel Potenzial.

Côte d’Ivoire (Elfenbeinküste): Als „Stabilitätsanker“ in Westafrika bezeichnete Thando Sililo von der Deutschen Industrie- und Handelskammer (DIHK) das frankophone Land. Auf einer Fläche ähnlich der von Polen leben rund 30 Mio. Einwohner. Das Investitionsklima sei sehr positiv und es gebe eine wachsende Mittelschicht mit großem Interesse an deutschen Qualitätsprodukten. Für deutsche Unternehmen sieht er zahlreiche Ansatzpunkte: In der Landwirtschaft wird Kühltechnik und Know-how für die Industrialisierung gebraucht. Beim Goldabbau geht es darum, die Minentechnik nachhaltiger zu gestalten. Wachsende Nachfrage gibt es nach Medizintechnik und Konsumgütern. Bei den erneuerbaren Energien ist deutsches Know-how ebenfalls gefragt, weil der Staat deren Ausbau derzeit vorantreibt.

Kasachstan: Das neuntgrößte Land der Welt exportiert Eisen, Erdöl und Stahl nach Deutschland und importiert vor allem Maschinen. Vitaly Kim von der Delegation der deutschen Wirtschaft in Zentralasien aus Kasachstan berichtete über Bemühungen des Landes, die grüne Transformation voranzubringen. Deshalb eröffneten sich in der größten Wirtschaft Zentralasiens u. a. gute Chancen in der Kreislauf- und Abfallwirtschaft. 80 Prozent der vorhandenen Deponien seien überfüllt und entsprächen nicht den umwelttechnischen Standards. Zudem will Kasachstan ein großer Produzent von grünem Wasserstoff werden. Als Vorbild wird Deutschland bei der dualen Berufsausbildung gesehen, an der man sich orientieren will. Denn die Regierung ist sich laut Kim bewusst, dass der Fachkräftemangel, aber auch die veraltete Infrastruktur angegangen werden
müssten.

Philippinen: Noch nicht so stark im Fokus deutscher Unternehmen sind die Philippinen, erklärte Charlotte Bandelow, stellvertretende Geschäftsführerin der AHK in Manila. Hier gebe es noch Potenzial, zumal die Weltbank ein starkes Wachstum der Mittelschicht erwartet. Außerdem haben Verhandlungen über ein Freihandelsabkommen mit der EU begonnen, das den Handel erleichtern würde. Ansatzpunkte für Investitionen sieht Bandelow auch, weil die Regierung die Infrastruktur stark ausbauen will. Doch nicht nur in der Bauindustrie gebe es Potenzial für deutsche Unternehmen, sondern auch in Tourismus, Gesundheitswesen und Informationstechnologie. Das gelte auch für erneuerbare Energien, bei denen die Regierung die Bedingungen für ausländische Investoren deutlich verbessert habe.

Vietnam: Viele deutsche Unternehmen sind bereits in Vietnam aktiv, haben dort Milliarden investiert und etwa 50 000 Arbeitsplätze geschaffen. „Die Deutschen haben in Vietnam ein super Image, gelten aber als teuer“, sagte Björn Koslowski, stellvertretender Delegierter bei der Deutsch-Vietnamesischen AHK in Hanoi. Chancen böten sich in Maschinen- und Anlagenbau, Umwelttechnik, Bauwirtschaft und Gebäudetechnik, erneuerbaren Energien und Premium-Konsumgütern. Seine Prognose: „Vietnam wird die zukünftige Werkbank in Asien sein.“ Dafür sprächen die liberale Wirtschaftspolitik, die gute Infrastruktur (u. a. mit leistungsfähigen Hochseehäfen), die geringe Körperschaftsteuer von 20 Prozent, die moderaten Löhne und die Qualität der Arbeitskräfte.

Saudi-Arabien: Einen starken wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Wandel vollzieht seit einigen Jahren Saudi-Arabien, denn es muss die Wirtschaft für die Zeit nach dem Öl- und Gas-Boom rüsten. „Mega- und Giga-Projekte“ spielen dabei eine große Rolle, sagte Najah Alkutbi von der Delegation der Deutschen Wirtschaft für Saudi-Arabien, Bahrain und Jemen mit Sitz in Riad. Sie sind Teil des Plans „Vision 2030“, mit dem Kronprinz Mohammed bin Salman das Land umgestalten will. Diese Transformation eröffne deutschen Unternehmen gute Geschäftschancen, so die Außenwirtschaftsexpertin. Potenzial sieht sie beispielsweise in Tourismus, Unterhaltung, Bergbau, Kreislaufwirtschaft, Chemie und Lebensmittel.

Türkei: Als wichtige wirtschaftliche Brücke zwischen Europa und Asien eröffne die Türkei einen Zugang zu 1,3 Mrd. Menschen, sagte Büsra Tekintas von der Deutsch-Türkischen Industrie- und Handelskammer in Ankara. Zudem sei ihr Land eine der am stärksten wachsenden Volkswirtschaften in Europa. Mehrere Tausend deutsche Firmen seien dort aktiv und durch die weltweit angespannten Lieferketten sei das Land begehrt bei deutschen Im- und Exporteuren. Problematisch sei allerdings die hohe Abhängigkeit von Energieimporten, weshalb die Türkei die inländische Energieproduktion und die erneuerbaren Energien forciere. Weitere Problemfelder seien die hohe Inflation von bis zu 70 Prozent und die schwache Lira, die ausländischen Unternehmen die Arbeit
erschwere. 

Autorin: Antje Schweinfurth

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