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Geschäftsführer Dr. Robert Eckstein mit einem Siliziumkarbid-Wafer, der in einen Rahmen gefasst ist.

Technologischer Fortschritt lässt elektronische Bauteile oder Geräte meist kleiner werden. Man kennt das beispielsweise von Mikrochips, Mobiltelefonen oder Akkus. Die Produkte der SiCrystal GmbH wachsen aber in der Größe: Das Nürnberger Unternehmen stellt Halbleiter-Wafer aus Siliziumkarbid (SiC) her – dünne Scheiben, die etwa ein Drittel Millimeter dick sind. Hatten diese am Anfang ihrer Entwicklung vor mehr als 25 Jahren noch einen Durchmesser von weniger als einen Zentimeter, ist dieser mittlerweile auf bis zu 20 Zentimeter angewachsen.

Um das zu erklären, verwendet SiCrystal-Geschäftsführer Dr. Robert Eckstein ein anschauliches Beispiel, nämlich Brotscheiben, auf die man Aufstrich schmieren möchte: Hierfür könne man entweder viele kleine Scheiben bestreichen – oder stattdessen eine große und diese anschließend zerteilen. Was er damit sagen will: „Diese Technik ist effizienter, je größer die Fläche ist.“ Doch die Entwicklungsschritte hin zu größeren Scheiben nehmen viel Zeit in Anspruch. Wie Eckstein erklärt, liegt das schon allein daran, dass es wegen der komplexen Kristallstruktur schwieriger sei, eine größere Fläche frei von Defekten oder Verunreinigungen zu halten. Er vergleicht es mit einem großen Flachbildschirm, auf dem ein Bildpunkt nicht funktioniert. Darüber hinaus seien für größere Wafer neue Technologien und Maschinen und nicht zuletzt umfangreiche Forschung und Entwicklung erforderlich.

Leitstelle für Energiefluss

Zur Anwendung kommen diese Scheiben vor allem in der Leistungselektronik, da das Material Siliziumkarbid für hohe Spannungen und damit hohe elektrische Leistung geeignet ist. Gleichzeitig sind die Energieverluste sehr gering. Der Geschäftsführer vergleicht das mit der Effizienz einer LED-Leuchte gegenüber einer althergebrachten Glühlampe. Aufgrund dieser Eigenschaften verwendet man die Wafer unter anderem in der Automobilindustrie. Eingesetzt werden sie dort z. B. für Wechselrichter, mit denen sich der Antriebsstrang ansteuern lässt, für Nebenaggregate wie Klimaanlagen und für die Lenkunterstützung im Fahrzeug. Sie sind quasi eine „Leitstelle für den Energiefluss“, so Eckstein. Auch in der Ladeinfrastruktur für die Elektrofahrzeuge finden die Wafer Verwendung, denn hier muss viel Energie möglichst verlustfrei an die Batterie übertragen werden. Weiterhin sind sie ein wichtiges Bauteil für Photovoltaik- und Windkraftanlagen.

Produktion eines Siliziumkarbid-Wafers: Die Scheiben sind nur etwa ein Drittel Millimeter dick.

Zu den Kunden von SiCrystal gehören Unternehmen, die mit den Wafern Halbleiterbauelemente herstellen können, beispielsweise der Mutterkonzern Rohm, ein japanischer Hersteller elektronischer Bauelemente. Ein weiterer wichtiger Abnehmer ist z. B. ST Microelectronics, ein international tätiger Hersteller für Halbleiterbauelemente. Die Produktion der Wafer sei so teuer, dass sie nur wenige Hersteller produzieren können, erklärt der Firmenchef. SiCrystal sei das einzige deutsche Unternehmen, das auf dem Markt wettbewerbsfähig sei, europaweit gebe es noch zwei weitere Hersteller, so seine Einschätzung. Dass sich Robert Eckstein so gut mit der Materie auskennt, liegt auch daran, dass er sich schon Jahre vor der Gründung von SiCrystal damit befasst hat. Er hatte Werkstoffwissenschaften an der Universität Erlangen-Nürnberg studiert und seine Doktorarbeit über die Herstellung von Kristallen für Wafer-Scheiben geschrieben. Die dort entstandenen Forschungsarbeiten brachten er und weitere Wissenschaftler aus diesem Fachbereich Anfang 1997 in das frisch gegründete Unternehmen ein, das damals als AG im oberpfälzischen Eschenfelden aus der Taufe gehoben worden war. „Wir waren Angestellte, keine Gesellschafter“, erinnert sich Eckstein. Ebenfalls mit im Boot waren Partner aus der Industrie, unter anderem ein Hersteller von Technologie für Hochtemperatur-Öfen und ein Produzent von Kunststoffteilen. Anfang der 2000er Jahre war der Betrieb zwischenzeitlich in Erlangen beheimatet und wurde 2009 von Rohm übernommen. Später firmierte SiCrystal in eine GmbH um und zog an seinen heutigen Sitz in Nürnberg.

Blick in einen Reinraum bei SiCrystal.

Stark gewachsen

Analog zu seinem Kernprodukt, den Wafer-Scheiben, ist das Unternehmen seitdem kontinuierlich gewachsen. Allein in den letzten Jahren um 50 bis 60 Prozent, sagt Eckstein. Im vergangenen Jahr belief sich der Umsatz auf etwa 140 Mio. Euro. Aber auch räumlich vergrößert sich SiCrystal: Am Sitz in Nürnberg wird gerade eine neue Produktionshalle gebaut und in Japan soll ein zweiter Standort errichtet werden. Dabei soll es aber nicht bleiben, es sind darüber hinaus noch weitere internationale Standorte geplant. Man wolle auf verschiedenen Kontinenten vertreten sein, um stets lieferfähig zu bleiben, auch in Krisenzeiten. Eckstein erwartet auch künftig weiteres Wachstum, wenn auch nicht so stark, sondern in den nächsten Jahren eher im Bereich von etwa 20 Prozent.

Der SiCrystal-Chef sieht das auch als eine Chance zum Durchatmen, denn so stark zuzulegen sei eine enorme Herausforderung für ein Unternehmen, beispielsweise um neue Beschäftigte in den Betrieb und die organisatorischen Abläufe zu integrieren. Aktuell arbeiten über 400 Beschäftigte für den Wafer-Hersteller. Den Fachkräftebedarf könne man gut decken, meint Firmenchef Eckstein. „Wir haben ein interessantes Produkt, das auch gut in die Philosophie unserer Beschäftigten passt, weil es für Anwendungen im Klimaschutzbereich zum Einsatz kommt.“ Zudem habe die Nachfrage auf dem Arbeitsmarkt derzeit etwas nachgelassen, was auch durch die konjunkturelle Schwäche bedingt sei. Er rechnet daher damit, dass die Fachkräftesituation für sein Unternehmen bis Mitte 2025 entspannt bleiben wird.  (jf.)

www.sicrystal.de

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