Umweltbewusst übernachten
Hotel Luise: Das Erlanger Hotel hat das Thema Nachhaltigkeit schon für sich entdeckt, als es noch nicht in aller Munde war.
Wie ein Sonnenmotiv reihen sie sich an der Wand aneinander: Mit den laubblattförmigen Holzblättchen an der „Wall of Change“ zeigt das Erlanger Hotel Luise GmbH die aktuell gut 270 kleinen und großen Maßnahmen für mehr Nachhaltigkeit, die das Haus bereits umgesetzt hat. Damit führt Ben Förtsch, Hotelchef in dritter Generation, die Philosophie seiner Eltern fort. Vater Klaus erhielt bereits 1991 als erster die Auszeichnung „Umweltbewusster Hotel- und Gaststättenbetrieb“ vom Bayerischen Hotel- und Gaststättenverband (Dehoga). Dafür verbannte er nicht nur Einwegverpackungen und Plastikmüll vom Frühstückstisch. Er investierte auch früh in Solarenergie, Regenwassernutzung sowie Wärmedämmung und war bereits Anfang der 1990er Jahre mit dem hoteleigenen Elektromobil unterwegs.
Ben Förtsch, Jahrgang 1988, hat sich für sein nachhaltiges Hotel dem Prinzip „Reuse, Reduce, Recycle“ verschrieben, also wiederverwenden, reduzieren und recyclen. Die Zimmerschlüsselkarte ist aus Holz, die Arbeitskleidung der Beschäftigten aus fairer Produktion, die Blumentöpfe aus recycelten Materialien. Für jede einzelne Maßnahme kommt ein Holzblatt an die Schauwand. So stößt der Betrachter auf Milchkooperationen, hoteleigene Leihfahrräder, eigenen Honig oder passive Kühlung der Räume.
Schritt für Schritt entdecken Förtsch und seine Mitarbeiter weitere Ansatzpunkte, mehr Umweltschutz umzusetzen. „Es ist viel mehr möglich, als man denkt“, sagt der studierte Betriebswirt und Wirtschaftspsychologe. Und er ist sich sicher, dass sich diese Aktivitäten unter dem Strich auch rechnen. Er bekomme einen dicken Hals, macht er seine Haltung deutlich, wenn er von anderen höre, sie könnten sich Nachhaltigkeit nicht leisten.
„Nachhaltigkeit ist wie IT die Grundlage für alles“, sagt er. Man könne nicht eine Abteilung digitalisieren und die andere nicht. Daher hat er, nachdem sein Vater das Haus 2010 als erstes klimaneutrales Hotel in Franken positionierte, 2015 seinen Betrieb als erstes klimapositives Hotel Deutschlands zertifizieren lassen. 2023 kam noch das „EU-Ecolabel“ hinzu. Die Zertifikate helfen, die Umweltfreundlichkeit mit Zahlen zu belegen und den C02-Verbrauch des gesamten Hotelbetriebs transparent zu machen und zu senken.
Hotelzimmer aus ökologischen Materialien
Für den Hotelier steht die Nachhaltigkeit ganz oben auf der Prioritätenliste, für die Gäste die Qualität. Zeigen sich die Gäste nach ihrem Aufenthalt zufrieden, begründet er das mit seinem breiten Nachhaltigkeitsansatz vom Frühstück bis zur Einrichtung. Das nach eigenen Angaben „nachhaltigste Hotelzimmer der Welt“ zeigt im Hotel Luise, was alles möglich ist. Der Teppich besteht aus alten Fischernetzen, Wände und Decken sind mit gepresstem Stroh verkleidet und mit Ökofarbe behandelt. So lassen sich die Strohelemente einfach entnehmen und kompostieren, ohne Schadstoffe zu hinterlassen. Das Duschwasser wird nach dem Astronautenprinzip wieder aufbereitet, sodass es nach eigenen Angaben sauberer als Leitungswasser ist. Das reduziert den tatsächlichen Wasserverbrauch auf etwa zehn Liter, zugleich lässt sich Wärme für die Temperierung des Wassers sparen.
Seit einigen Jahren scheint das Konzept auch bei den Gästen anzukommen. Bei den Hotel-Bewertungen sind immer häufiger positive Kommentare zu lesen, die den einen oder anderen Nachhaltigkeitsaspekt aufgreifen. Seit der Corona-Pandemie registriert Förtsch auch verstärkte Nachfrage nach Tagungen, die konform mit ökologisch, ökonomisch und sozial nachhaltigen Anforderungen sind. Auch regionale Firmen nutzen das Tagungsambiente, das auch eine Pause auf dem begrünten Hoteldach erlaubt. Auch für bundesweite Treffen profitiert das Hotel von seiner günstigen Lage, denn vom Erlanger Bahnhof aus sei das Haus praktisch aus allen Himmelsrichtungen gut zu erreichen.
Das Thema Nachhaltigkeit, das nach Worten von Förtsch auch eine Sache des Anstands sei, schließt für ihn immer den angemessenen Umgang gegenüber Menschen und Tieren ein. Das beinhaltet etwa keine Überstunden, geregelte Arbeitszeiten und faire Bezahlung. Auch das Reinigungsteam ist fest angestellt und kein externer Putztrupp, um die Qualität der Arbeit immer hoch zu halten. Mit dieser Personalpolitik habe er auch zu Corona-Zeiten kaum Mitarbeiter verloren. „Ich habe keinen Fachkräftemangel“, so der Hotel-Chef. Er nehme sich bei der Auswahl neuer Beschäftigter Zeit für gründliches Kennenlernen. Ein weiteres Indiz für die Nachhaltigkeit seines Hauses sieht er darin, dass von einigen Mitarbeitern bereits die Eltern im Hotel Luise angestellt waren. Solche langfristigen Beziehungen pflegt er auch mit Lieferanten oder Handwerkern. Es erlaubt ihm, geleistete Arbeit auch einmal später zu zahlen. Das habe dem Hotel letztlich schon das Überleben gesichert, als z. B. während der Pandemie das Geschäft deutlich einbrach und zudem einige Gebäudebereiche gleich zweimal innerhalb weniger Wochen unter Wasser standen.
Veränderte Gästestruktur
Seit Corona hat sich auch die Gästestruktur verändert: Zuvor hatten Geschäftsreisende einen Übernachtungsanteil von 87 Prozent. Nun liegt dieser trotz Tagungsgeschäft bei unter 75 Prozent. Der größere Zuspruch der Privatreisenden freut Förtsch, weil sie nicht nur für eine höhere Auslastung am Wochenende sorgen, sondern auch – anders als bei Kontingentvereinbarungen – höhere Preise zahlen.
Marga, die selbstbewusste Großmutter von Förtsch, legte 1954 den Grundstein für das heutige Hotel Luise mit seinen mittlerweile 92 Zimmern. Der Standort im Schatten eines Siemens-Büroturms wurde durch einen Grundstückstausch erworben, bei dem auch ein firmenfremder Hotelname vereinbart wurde. So wurde die Urgroßmutter Luise die Namensgeberin. Vater Klaus übergab das Hotel 2014 aus gesundheitlichen Gründen an seinen Sohn. Die Eltern schieden beide aus, dafür übernahm der damalige Noch-Student Ben die Geschäftsführung. Der hatte zwar eine Fortsetzung der familiären Hoteltradition im Hinterkopf, aber eigentlich auch noch große Reisepläne. „Durch die schwere Erkrankung meines Vaters musste ich ins kalte Wasser springen.“ Eine Entscheidung, die er auch nach zehn Jahren nicht bereue.
Neben seinem Hoteljob hat er sich die Leidenschaft für die Fotografie bis heute bewahrt. Immer wieder nimmt er einen Fotoauftrag von Unternehmen für größere Projekte an. „So bekomme ich den Kopf frei und sehe die Welt mit anderen Augen.“ Und er bekennt sich auch als Internet-Intensivnutzer: So bekomme er neue Impulse, was er noch alles umsetzen könnte. Aus dem World Wide Web stammt auch die Idee für einen Mikrowald oder „Tiny Forest“ nach dem Konzept des japanischen Hochschullehrers Akira Miyawaki. Anders als herkömmliche Wälder werden bei einem Tiny Forest auf einer kleinen Fläche mit nur 100 Quadratmetern bis zu sieben Bäume je Quadratmeter angepflanzt. So lassen sich in Städten etwa CO2-Emissionen reduzieren, die biologische Vielfalt erhalten, aber auch das Mikroklima verbessern. Nachdem der erste Tiny Forest in Deutschland 2020 angelegt wurde, begann Förtsch 2021 im einstigen Gemüsegarten seiner Großmutter, über 200 Bäume anzupflanzen – von der japanischen Eiche bis
zum Eisenholzbaum. (tt.)
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