IHK-Prüfungen für ganz Deutschland
Beim Abitur kann deutschlandweit von einheitlichen Prüfungen keine Rede sein. Die Chancen auf ein gutes Abitur sind deshalb je nach Bundeland ungleich verteilt und dadurch auch die Chancen auf die Zulassung zu begehrten Studiengängen. Ganz anders die Abschlussprüfungen in der beruflichen Ausbildung: Von Flensburg bis Berchtesgaden gibt es in allen Ausbildungsberufen einheitliche Prüfungen – die zudem alle zur gleichen Zeit stattfinden. Für die Erstellung der Prüfungsaufgaben und für die reibungslose Organisation sorgt die Aufgabenstelle für kaufmännische Abschluss- und Zwischenprüfungen (AkA) mit Sitz in Nürnberg, die vor Kurzem mit einem Festakt im „Haus der Wirtschaft“ ihr 50-jähriges Jubiläum feierte. Seit ihrer Gründung ist sie bei der IHK Nürnberg für Mittelfranken angesiedelt, die auch die Geschäftsführung innehat.
Gegründet wurde AkA im Jahr 1974 von den bayerischen und hessischen IHKs, heute wird sie von 45 IHKs aus zehn Bundesländern getragen. Gemeinsam mit ihrer Schwestereinrichtung – der ZPA Nord-West in Köln – deckt sie die Erstellung aller kaufmännischen Prüfungen ab. Nur Baden-Württemberg blieb bis heute eigenständig. Aktuell prüfen die deutschen IHKs im Bereich der dualen Ausbildung bundesweit etwa 300 000 Menschen pro Jahr mit zentral erstellten Aufgaben. Die AkA ist für 38 kaufmännische Ausbildungsberufe und Fachrichtungen zuständig, jedes Jahr werden mit ihren Aufgaben bundesweit rund 200 000 Auszubildende geprüft. Dr. Martin Wansleben, Hauptgeschäftsführer der Deutschen Industrie- und Handelskammer (DIHK), bezeichnete die AkA deshalb als „Maschinenraum für die hoheitlichen Prüfungen der IHK-Organisation“. Und IHK-Hauptgeschäftsführer Markus Lötzsch sieht die IHK-Prüfungen als zentralen Ausdruck der Selbstverwaltung der Wirtschaft und als Teil des IHK-Markenkerns.
Die Vorteile der bundesweit einheitlichen Prüfungen und der zentralen Aufgabenerstellung liegen für AkA-Geschäftsführer Dr. Wolfgang Vogel auf der Hand: Die Prüfungen würden mit höchsten Standards beim Qualitätsmanagement erstellt, die Ergebnisse seien über Ländergrenzen hinweg vergleichbar und damit objektiv. „Wir liefern hier professionell und verlässlich das ab, was beim Abitur als klaffende Lücke festgestellt wird. Deshalb verweisen wir durchaus mit Stolz auf mittlerweile 20 Jahre bundeseinheitliche schriftliche Abschlussprüfungen im dualen System“, so Vogel. Zudem ließen sich wissenschaftlich weitere Vorteile der zentral erstellten Prüfungen und der IHKs als neutrale, externe Prüfungsinstanz (Motto „Wer lehrt, prüft nicht“) nachweisen: Sie sichern und steigern die Qualität der beruflichen Ausbildung und wirken sich positiv auf die Leistungen der Prüflinge aus. Das IHK-Zeugnis ermöglicht es, die Leistung der Absolventen zuverlässig und über Ländergrenzen hinweg vergleichbar darzustellen und zu beurteilen. „Deshalb steht das IHK-Zeugnis bei den Auszubildenden und den Unternehmen gleichermaßen hoch im Kurs“, so Vogel. Das bestätigte bei der Jubiläumsveranstaltung auch IHK-Präsident Dr. Armin Zitzmann, der die hohe Aussagekraft der bundeseinheitlichen Prüfungen hervorhob. Und Peter Nagel, der Vorsitzende des AkA-Beirats, erinnerte daran, dass die AkA in den letzten Jahrzehnten der entscheidende Treiber gewesen sei, dass es überhaupt zu den bundeseinheitlichen Prüfungen gekommen sei.
AkA-Prüfungen auch im Ausland gefragt
Interessant ist auch, dass die Prüfungen der AkA nicht nur in Deutschland gefragt sind. Weltweit schreiben junge Menschen AkA-Prüfungen – von Chile bis Shanghai. Dabei steht die AkA in direktem Kontakt mit dem Netzwerk der deutschen Auslandshandelskammern (AHK). Peter Kompalla, Geschäftsführer der AHK Vietnam in Saigon und früherer Mitarbeiter der IHK Nürnberg für Mittelfranken, bestätigt, dass die deutsche Berufsausbildung hohes Ansehen im Ausland genieße. „Die AkA ist auch für mich persönlich ein ganz besonderer Partner, der mich nicht nur bei meinem ersten Auslandsposten hier in Vietnam begleitet hat, sondern auch anschließend auf die Philippinen, in die Slowakei und wieder zurück nach Südostasien“, sagte Kompalla in einer Videobotschaft anlässlich des 50-jährigen AkA-Jubiläums.
Bei der AkA wirken in 36 Fachausschüssen fast 800 ehrenamtlich tätige Prüferinnen und Prüfer aus ganz Deutschland dabei mit, die Aufgaben zu erstellen und die Aufgabensätze zu verabschieden. Die Ausschüsse sind „drittelparitätisch“ besetzt – das bedeutet, je ein Drittel der Mitglieder sind Arbeitgeber- und Arbeitnehmervertreter sowie Berufsschullehrer. „Die ehrenamtlichen Prüferinnen und Prüfer und die hauptamtlichen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der AkA ergänzen sich perfekt“, so Vogel: Das Ehrenamt stelle sicher, dass sich die Prüfungen an der aktuellen Berufs- und Ausbildungspraxis orientieren, während sich die AkA darum kümmere, dass die komplexen Qualitätsanforderungen eingehalten und die Rechtssicherheit der Aufgaben gewährleistet werde.
Die AkA arbeitet seit jeher eng mit der Wissenschaft zusammen, um die Prüfungen fortzuentwickeln. Die gewonnenen Erkenntnisse werden der IHK-Organisation zur Verfügung gestellt und mit den anderen zentralen IHK-Einrichtungen für die Aufgabenerstellung geteilt. Einige Beispiele für die zahlreichen Fragestellungen, die die AkA mit Hochschulen und anderen wissenschaftlichen Einrichtungen bearbeitet: Es werden Verfahren entwickelt, um den Schwierigkeitsgrad der Aufgaben gut prognostizieren zu können. Oder es geht darum, ob mit den Aufgaben die berufsspezifischen Kompetenzen der Teilnehmer auch zuverlässig geprüft werden.
Über die Jahre hat die AkA einen ausgefeilten und komplexen Prozess etabliert, der auch zahlreiche Stufen der Qualitätssicherung beinhaltet. Vom ersten Entwurf einer Aufgabe im Fachausschuss bis zur Fertigstellung eines Prüfungssatzes vergehen in der Regel zwei Jahre mit zahlreichen Sitzungen der Fachausschüsse sowie mit mehreren fachlichen und testpsychologischen Lektoraten und Korrekturrunden. Erst nach diesem akribischen Verfahren wird der Druckauftrag für die Aufgabensätze erteilt. Zusammen mit den IHKs und der Wissenschaft wird stetig daran gefeilt, diesen Prozess und das Qualitätsmanagement noch zu verfeinern.
Bei all dem ist absolute Diskretion und Verschwiegenheit gefordert. Denn würden auch nur ansatzweise Hinweise auf Prüfungsinhalte vorab bekannt werden, wäre die gesamte deutschlandweite Prüfung Makulatur. „Unsere Sicherheitsvorkehrungen sind deshalb fast so streng wie in einer Gelddruckerei“, sagt Wolfgang Vogel.
Prüfungen werden digital
Zudem wird ausgelotet, wie sich die Erstellung der Prüfungen digitalisieren und sich dabei auch Künstliche Intelligenz einsetzen lässt. Schon seit Längerem hat die AkA diesen Weg beschritten: So stellt sie seit Jahren die Aufgaben für die computergestützte Teil-1-Prüfung der Kaufleute für Büromanagement bereit. Mit den Aufgaben der AkA prüfen die IHKs pro Jahr bis zu 20 000 Auszubildende, sodass diese direkt am PC nachweisen können, ob sie Textverarbeitungs- und Tabellenkalkulationsprogramme richtig beherrschen.
Mit dem aktuellen Projekt „Digitales Prüfen 4.0“ setzt die AkA zusammen mit ihren Fachausschüssen diesen Weg fort: Es wird ausgelotet, in welchen Ausbildungsberufen welche Inhalte digital mit einem Mehrwert geprüft werden könnten. Auch bei der Erstellung der Prüfungsaufgaben kommen immer stärker digitale Werkzeuge zum Einsatz, um das Ehrenamt zu unterstützen. Die sogenannte „Workbench ASPE“ ist ein solches Tool, das die Erarbeitung der Aufgaben professionalisiert und schneller und effizienter macht. Es wurde zusammen mit der Universität Duisburg-Essen entwickelt und vom Bundesbildungsministerium im Rahmen des Transferprojekts „ASCOT+“ gefördert.
Ein weiterer wichtiger Schritt in die digitale Zukunft ist das Leuchtturm-Projekt „AkA-KI“, das die AkA vor Kurzem zusammen mit der Hochschule Ansbach und dem Technologie-Transferzentrum Neustadt/Aisch begonnen hat. Wissenschaftler der Hochschule erstellen eine lokale KI-Anwendung, die die ehrenamtlichen Mitarbeiter in den Prüfungsausschüssen bei der Erstellung der Aufgaben unterstützen soll. „Ein sehr spannendes Projekt für die weitere Arbeit der AkA“, so Wolfgang Vogel.
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1974
wurde die Aka von den bayerischen und hessischen IHKs gegründet, heute wird sie von 45 IHKs getragen.
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200 000
Auszubildende werden jährlich bundesweit in 38 kaufmännischen Berufen und Fachrichtungen mit Aufgaben der AkA geprüft.
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800
Prüferinnen und Prüfer in 36 Fachausschüssen engagieren sich aus ganz Deutschland.
Nürnberger Dialog zur Berufsbildung
„Prüfungen 4.0 – Welche Rolle spielen Digitalisierung und KI?“: Diesem Thema widmet sich der „Nürnberger Dialog zur Berufsbildung“ am Donnerstag, 3. April 2025 im „Haus der Wirtschaft“ der IHK Nürnberg für Mittelfranken. Veranstalter sind die Aufgabenstelle für kaufmännische Abschluss- und Zwischenprüfungen (AkA) und die IHK Nürnberg für Mittelfranken. Diskutiert wird, wie sich Digitalisierung und Künstliche Intelligenz auf die Arbeitswelt, auf die berufliche Bildung und die Prüfungen auswirken. Vorgestellt werden die aktuellen AkA-Projekte rund um den Einsatz von digitalen Werkzeugen und von KI bei der Erstellung von Prüfungsaufgaben.
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Wolfgang Vogel
AkA
Webcode: N847